Wo passiert was?
Im Verlauf der nun endenden XIX. Wahlperiode wurden in 60 Vollversammlungen und 800 Ausschusssitzungen 2.000 Anliegen bearbeitet, darunter auch 270 Einwohneranfragen. Und der Beobachter der Szene kann hinzufügen: Manches Mal war Hitze zu ertragen, besonders wenn es um Schuldzuweisungen für unerwartete Folgeerscheinungen zurückliegender Entscheidungen ging. Mitunter plätscherte aber auch eine wenig interessierte Kulisse von Nebengesprächen im Saal, nämlich dann, wenn ein Redner zum wiederholten Mal sich der Unvernunft nicht enthalten konnte.
Höchste Konzentration ist dagegen angesagt, wenn Stadträte Große Anfragen der Fraktionen beantworten. Denn der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Wer beispielsweise darüber ungehalten ist, dass dieses Jahr die Bepflanzung des Gartendenkmals Viktoria-Luise-Platz ausfiel, sollte genau hinhören, wenn Baustadtrat Krüger (CDU) in Beantwortung einer solchen Großen Anfrage in exakten Zahlen aufschlüsselt, mit wie viel Personal welche bewilligten Sachmittel für welche vorgeschriebenen Aufgaben ausgegeben wurden. Denn der vom Parlament beschlossene Haushalt muss auch im Fachbereich Grünflächenamt alle anfallenden Aufgaben abdecken. Und das heißt hier die Pflege und Unterhaltung aller bezirklichen Grünanlagen, Spielplätze, Straßenbäume und sonstigen Freiflächen, wobei die Bäume bereits mehr als die Hälfte des Etats verschlingen.
Auch hier zeigt sich wieder, dass selbst die besten Absichten vor der Sense nicht sicher sind, solange der vom Land Berlin infolge seiner Überschuldung auferlegte Sparzwang anhält. Allerdings scheint nun das Schlimmste überstanden zu sein, denn die Einnahmen des Landes steigen infolge einer erfreulichen Entwicklung der Wirtschaft. Und davon werden in den kommenden Jahren auch die Bezirke profitieren. Doch neben solchen unbeeinflussbaren Faktoren gilt es auch im Auge zu behalten, was möglicherweise im eigenen Wirkungsfeld gewinnbringend verändert werden könnte. Dazu führte Stadtrat Krüger in seiner Antwort auf die angesprochene Große Anfrage aus:
„Alle Tätigkeiten, die von kurzer Dauer sind, oder bei denen Ortskenntnisse erforderlich sind, wie z.B. Reparaturarbeiten, Notfallmaßnahmen, hochwertige gärtnerische Arbeiten, können als wirtschaftlicher betrachtet werden, wenn sie mit eigenem Personal durchgeführt werden. Bei einer Fremdvergabe muss immer der zusätzliche Aufwand der Vergabe, die Firmenbetreuung und -kontrolle, sowie die Rechnungsbearbeitung eingerechnet werden. Dies erfordert einen hohen Aufwand im Bürobereich.“ Doch seit dem Jahre 2001 sind im Bereich Grünflächenamt mehr als die Hälfte der Stellen gestrichen worden. Mit den entsprechenden Folgen. Eine Aufstockung des Personals mit Augenmaß könnte hier also zwar nicht Wunder wirken, aber Kosten senken. Und das sollte daher bei den nächsten Haushaltsberatungen im neugewählten Parlament zu unser aller Nutzen Beachtung finden.
Und sonst?
Trotz aller Not werden immer auch wieder Schneisen geschlagen und Ausblicke eröffnet. Nach über einjähriger Beratungsfolge steht nunmehr fest, dass nach Abschluss der Sanierungsarbeiten am U-Bahnhof Friedrich-Wilhelm-Platz mitsamt dem Einbau des vorgesehen Fahrstuhls der bislang vernachlässigte Platz neu gestaltet werden soll. Die Finanzierung soll über das Plätzeprogramm der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erfolgen. Das wird auch die BI Friedrich-Wilhelm-Platz gerne hören, die sich bekanntlich schon seit Jahren um eine Aufwertung des Platzes bemüht.
Und die zahlreichen Freunde der Gerhart-Hauptmann-Bücherei im ehemaligen Friedenauer Rathaus werden aufatmen. Denn auf Empfehlung des für Finanzen zuständigen Hauptausschusses hat die BVV beschlossen, die für das Jahr 2016 vom Landesparlament bewilligten Finanzmittel in Höhe von 300.000 Euro „für flexibel einsetzbare Möbel (Tische, Stühle, Leseecke, Regale, White Boards, Lesestationen für Kinder, erste mehrsprachige Bücher usw.) einzusetzen.“ Eine solche Erstausstattung soll bereits zum jetzigen Zeitpunkt für die AG Bibliothek und die AG Deutschkurse von „Friedenau hilft“ Übergangsangebote für die im Rathaus lebenden Flüchtlinge ermöglichen, bevor es dann im nächsten Jahr zu dem beschlossenen Umbau zu einer modellhaften Kooperationsbibliothek kommt. Deutschlandweit einmalig soll hier eine Bücherei mit Aufenthaltsqualität entstehen, die ihre Angebote zugleich an die Stadtteilbevölkerung und an die Flüchtlinge richtet.
Grünes Licht gab es in dieser letzten Sitzung der BVV auch für zwei besonders gewichtige Bauvorhaben im Bezirk. Gegen die Stimmen der beiden Linken und des Ex-Piraten Ickes wurden die Bebauungspläne für die Bautzener Brache und für den ehemaligen Güterbahnhof Wilmersdorf beschlossen. Wie kurz nach Redaktionsschluss noch zu erfahren war, wird die auf eigenen Wunsch nach der Wahl aus dem Amt scheidende Stadträtin Klotz (Die Grünen) am 16.9. um 13.30 Uhr am Eingang Hauptstraße des Güterbahnhofs zum letzten Mal den silbern glänzenden Spaten zum symbolischen Ersten Stich in die Hand nehmen. An ihrer Seite angesagt sind Investor Böge und der Regierende Bürgermeister Müller.
Ottmar Fischer