Zur Orientierung für Menschen mit Behinderungen

08.10.2023 / Orte und Plätze

Wo die Stille wohnt

Von Elfie Hartmann. Vorweg gesagt werden muss, dass es sich hier nicht unbedingt um einen Ausflugstipp, sondern eher um eine Ausflugsempfehlung handelt. Der Vorschlag scheint auch vielleicht etwas ungewöhnlich. Und doch ...
Stiller Weg im Friedhof Stahnsdorf. Foto: Thomas Thieme

Die Metropole und ihre Oasen
Die meisten Berliner haben in der näheren Umgebung einen Ort, der in vielerlei Hinsicht einiges zu bieten hat. Und das sind unsere Friedhöfe. Albert Schweitzer sagte einmal: “ Gräber sind Prediger für den Frieden“ An diesen friedvollen Orten haben aber auch Lebende wunderbare Ruhe. (Dazu gleichzeitig Geschichtskunde). Und vielleicht überzeugt ja auch die Nähe von berühmten Persönlichkeiten, sich dort hin zu begeben. Immer mehr Menschen entfliehen auf diese simple Weise einfach mal spontan, oder auch geplant, dem Großstadttrubel. Und wollen für eine selbst bestimmte Zeitspanne entkommen, sich ausklinken oder einfach ausruhen ohne „Odeur“ von den oktroyierten Abgasen des Straßenverkehrs. Und Experten vermuten sogar, dass in Zukunft Friedhöfe immer mehr auch die Funktion von Parks übernehmen werden.
Berlin zählt fast 200 Friedhöfe. Und hier sieht man nicht nur Hinterbliebene mit Gießkannen umherlaufen. Es ist erstaunlich, neuerdings zu entdecken, dass Menschen öfter einfach still auf Bänken sitzen, entspannen, oft lesen oder manchmal sogar am Laptop arbeiten, trotz der Achtung, die sie gegenüber den Toten empfinden. Und das ist zu genießen in einer Idylle fast wie auf dem Land. Hektik und Lärm ist nicht vorhanden, weggeweht, ausgeblendet. Dafür gibt es das Geschenk von herrlich frischer, sauberer Luft, Vogelgezwitscher in Bäumen und Sträuchern, dazu ab und zu ein Eichhörnchen, das neugierig vorbei springt oder vielleicht auch mal ein Rascheln von Mäusen unter vergessenen Laubhaufen. Das alles sind überaus wohltuende Begleiterscheinungen an Tagen einer Begehung von Friedhöfen.

Erinnern an bekannte Persönlichkeiten
Die Auswahl für diese Oasen ist groß in Berlin und Umgebung. Auch ein Spaziergang zwischen den Gräbern kann erbaulich und weiterbildend sein. Und deshalb vielleicht demnächst auch einen weiter entfernten Friedhof erkunden lassen. Aber schon auf dem Friedhof in der Stubenrauchstraße in Friedenau kann man unter anderen Persönlichkeiten das schlichte, doch stets mit frischen Blumen geschmückte, Ehrengrab der Filmdiva Marlene Dietrich besuchen. Mit der Eröffnung des Potsdamer Platzes in Mitte am 3. Oktober 1998 hat der„blaue Engel“ letztendlich seinen eigenen, den Marlene-Dietrich-Platz bekommen.

Ausflüge und Weiterbildung
Auf dem Südwestfriedhof in Potsdam-Stahnsdorf befinden sich die Grabstätten von Heinrich Zille, die des Werner von Siemens und von dem Künstler Engelbert Humperdinck. Auf dem städtischen Friedhof der Französischen Gemeinde in der Liesenstraße hat der Dichter Theodor Fontane seine letzte Ruhe gefunden. Im Waldfriedhof Zehlendorf sind die Politiker Fritz Reuter und Willy Brandt begraben und auf dem Städtischen Friedhof in Pankow III ruht der Schriftsteller Hans Fallada. In Weißensee befindet sich der größte Jüdische Friedhof Europas. Das 40 Hektar große Gelände wurde bereits 1880 eingeweiht. Dieser Friedhof, das so genannte „Haus des ewigen Lebens“ steht für den jüdischen Begriff, hebräisch: „Beth ha Chajim“. Der Spaziergänger findet dort, unter vielen anderen bekannten, Persönlichkeiten wie zum Beispiel Hermann Tietz, den Namensgeber des heutigen Hertie-Konzerns, den Verleger Samuel Fischer (Fischer Verlag) oder auch Berthold Kempinski. (Hotelkette Kempinski)

Es würde den Rahmen der STZ sprengen, sollte man die Aufzählung sämtlicher Friedhöfe in und um Berlin hier weiter fortführen. Und der so genannte „goldene Oktober“ könnte eventuell vorerst der Abschluss in diesem Jahr für Ausflugstipps sein. Doch darf man ja vielleicht trotzdem noch auf einen milden November hoffen. Und damit gerne weiterhin auf die Tipps der schier unbegrenzten Möglichkeiten für neue Erkundungen in Berlin und Umgebung gefasst sein.

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