Walle Wasser, walle!
Die Bezirksverordnete Sarah Walter (SPD), die ihr erst wenige Monate altes Baby im Tragetuch fürsorglich wiegend durch die September-Sitzung der BVV Tempelhof-Schöneberg geleitete, erfuhr in der Beantwortung ihrer Mündlichen Anfrage durch Stadträtin Ellenbeck (Grüne), dass im Ententeich des Schöneberger Stadtparks nicht ein technischer Defekt an der Umwälzungsanlage die Ursache für das plötzliche Fischesterben gewesen ist, wie ursprünglich angenommen. Vielmehr sei von böswilligen Unbekannten trotz umfangreicher Sicherheitsvorkehrungen der Stecker der Stromversorgung gezogen worden. Es war also Sabotage. Die sofort eingeleiteten Gegenmaßnahmen (siehe Pressemitteilung auf Seite 5) hätten immerhin sicherstellen können, dass wenigstens der Jungfischbestand gerettet werden konnte. Sechzig Karpfen, Rotfedern und Hechte seien jedoch den Tätern zum Opfer gefallen. Der Teich befinde sich nicht im natürlichen Gleichgewicht, weswegen er ohne technische Unterstützung „kippe“, was unvermeidlich zum Tod der Fische infolge von Sauerstoffmangel führt.
Die CDU beklagte in derselben Sitzung einen weiteren Mangelzustand in Fragen amtlicher Gewässerfürsorge. Ralph Olschewski beklagte für seine Fraktion ein augenscheinliches Desinteresse des Bezirksamts am Erscheinungsbild der 30 im Bezirk vorhandenen Brunnenanlagen, was darin zum Ausdruck komme, dass drei davon seit langer Zeit defekt seien.
Die auf dem Richard von Weizsäcker-Platz sei bereits seit 2021 außer Betrieb, die auf dem Bayrischen Platz und die auf dem Wittenbergplatz seien mindestens seit dem Frühjahr 2022 defekt. In ihrer Beantwortung der Großen Anfrage der CDU zu diesem Umstand konnte Stadträtin Ellenbeck freilich keine verbindlichen Termine für eine Sanierung in Aussicht stellen. Es stünden pro Jahr nur 250.000 Euro für Instandsetzungsarbeiten zur Verfügung. In diesem Jahr könne davon nur der Sintenisbrunnen am Perelsplatz saniert werden.
Da auch in den nächsten Jahren keine ausreichenden Mittel für die Sanierung aller drei beschädigten Brunnen zur Verfügung stünden, hänge die jeweilige Reparatur von der Prioritätensetzung ab. Auf die Unterfrage, warum in dieser langen Zeit des Brunnenstillstands noch keine Schadensanalyse und keine Kostenschätzung vorgenommen worden seien, bekam die Versammlung die Auskunft, dass ein Krankheitsfall diese Vorarbeiten behindere: „Sobald die zuständige Kollegin wieder am Platz ist, können die Arbeiten daran fortgesetzt werden.“ Aus der Beantwortung von weiteren Unterfragen musste das Auditorium zur Kenntnis nehmen, dass im Amt seit dem Jahr 2019, als die Wartung und Unterhaltung sämtlicher Brunnen in die Verantwortung der Berliner Wasserbetriebe übergeben wurde, weder Personal noch Finanzmittel für die Sanierung und die Bewirtschaftung der Brunnen zur Verfügung stehen. Die Reparatur des Sintflutbrunnens sei insofern ein Sonderfall, als dort alle erforderlichen Maßnahmen im Rahmen der Parksanierung mitbearbeitet werden konnten. Die einzelnen Leistungen für Wassertechnik, restauratorische Gutachten, Brunnenbau, Ver- und Entsorgung mussten sämtlich an externe Firmen vergeben werden, da im eigenen Fachbereich Grünflächen „keine in diesem Maße erforderliche Fachkompetenz vorhanden“ sei.
Wenn Brünnlein fließen
In der anschließenden Debatte freute sich Karsten Frank (AfD) darüber, dass nach sieben Jahren nun endlich Beachtung finde, was seinerzeit von seiner Fraktion bereits gefordert worden sei. Der nach der Debatte in den Ausschuss überwiesene Antrag zur umgehend einzuleitenden Sanierung der defekten Brunnen brachte die Stadträtin nochmals in Erklärungsnot: „Wo soll ich denn das benötigte Personal wegnehmen? Etwa bei den Spielplätzen? Bei der Grünpflege? Bei den Bäumen? Gerade die Kostenschätzung ist bereits ein ganz großer Teil der Arbeit!“ Und tatsächlich steht nun neben der Schadensanalyse gerade das zu erarbeitende Finanzierungskonzept an vorderster Stelle der Antragsforderungen der CDU. Die Erbitterung in der Stimme der Stadträtin hat aber wohl auch damit zu tun, dass weiterhin 65 Stellen in ihrem Amtsbereich unbesetzt sind.
In dieser verqueren Lage vermochte auch nicht zu trösten, dass Bertram von Boxberg (Grüne) „eine gute Nachricht vom Nickelmannbrunnen“ in die Debatte einwarf. Er machte bekannt, dass der Senat eine Bestandsaufnahme für den Brunnen beschlossen habe, denn er soll dermaleinst aus seiner Unsichtbarkeit unter der Unterführung der U-Bahn am Nollendorfplatz wieder hervorgeholt werden und im Rahmen einer weiträumigen Umgestaltung des ganzen Areals zur Verlebendigung des Ortes beitragen. Und in der Tat schaffen Brunnenanlagen eine ganz besondere Atmosphäre. Sie sind deswegen sogar zu Ausflugszielen geworden, wie etwa am Märchenbrunnen im Friedrichshain zu beobachten ist. Neben dem Rätselraten um die Märchenfiguren und dem abenteuernden Wasserkontakt der Kleinkinder sind dort auch immer wieder Besucher anzutreffen, die bücherlesend auf dem weitläufigen Brunnenrand an einer der Märchensäulen lehnen und das gischtige Wasserrauschen genießen. Unzweifelhaft kühlen Brunnen das Mikroklima und reinigen die Umgebungsluft. Darum erfreuen sich die Brunnen bei allen Bevölkerungsgruppen großer Beliebtheit, bringen sie doch neben der verbesserten Aufenthaltsqualität auch einfach mehr frische Luft ins Viertel.
Diese unbestreitbaren Vorzüge waren ebenso unbestreitbar auch der Grund, warum die oft hundertköpfige Bürgerschaft in den Versammlungen zur Bürgerbeteiligung bei den Planungen zur Neugestaltung des Breslauer Platzes vor zehn Jahren mit riesigem Abstand zu anderen Nennungen einen Brunnen wünschte, als es um die Platzmöblierung ging. Ein Brunnen auf der Rückseite des Pavillons wurde jedoch vom Bezirksamt abgelehnt, einerseits aus Kostengründen, andererseits aber wurde auch befürchtet, dass der Marktbetrieb gestört werden könnte. Es wurde gar nicht erst überlegt, ob ein kleiner Brunnen vielleicht an einem anderen Standort seinen Platz finden könnte, etwa dort wo die Lauterstraße in die Rheinstraße einmündet, an der Spitze des dreieckigen Platzes. Durch die Stilllegung der Lauterstraße ist dort schließlich auch Platz für einen Brunnen entstanden. Die noch ausstehende Neupflasterung dieses Platzbereichs könnte nun also Anlass werden, erneut über einen Brunnen nachzudenken. Brunnenfreund Olschewski kündigte angesichts des von ihm und seiner Fraktion ausgemachten Desinteresses des Bezirksamts jedenfalls an: „Wir möchten, dass die Brunnen eine höhere Bedeutung erhalten. Wir bleiben Ihnen auf den Fersen!“