Onkel Wanja
Diese Langeweile zeigt das Schlosspark Theater sehr gekonnt auf der Bühne. Onkel Wanja und seine Nichte Sonja arbeiten Tag für Tag auf dem Gutshof, um mit dem Ertrag das ausschweifende Leben von Wanjas Schwager, dem Professor, in Moskau zu finanzieren. Gelegentlich kommt der befreundete Arzt zu Besuch. In der einen Ecke sitzt die alte Amme und strickt einen ewig langen Schal, in der anderen Ecke sitzt ein Nachbar und spielt gelegentlich russische Melodien auf der Gitarre, die allerdings auch keinen Schwung auf die Bühne bringen, sondern langsam und getragen klingen. Die Eintönigkeit wird unterbrochen, als der Professor mit seiner jungen Frau auf das Gut zurückkehrt.
Dadurch, dass sich nun alle für einander interessieren, wird bald klar, dass jede der gespielten Figuren irgendwie unglücklich ist. Wanja sucht nach dem Sinn des Lebens, Sonja will die große Liebe finden, dem Arzt fehlt die intellektuelle Herausforderung und berufliche Kariere, der Professor wird in Moskau nicht mehr genügend anerkannt, seine Frau langweilt sich auf dem Land. Die alte Amme macht dazu ihre Bemerkungen und bietet immer wieder Tee oder Schnaps an.
Kurzfristig wird die Ruhe explosiv gestört, als nämlich der Professor überlegt, das Gut zu verkaufen und damit aber den anderen das Zuhause nehmen würde. In seiner Wut ist Onkel Wanja jetzt sogar bereit, ihn zu erschießen. Es kommt zu einem Tumult auf der Bühne. Aber der Streit wird beigelegt und die beiden versöhnen sich wieder. Es kehrt wieder Ruhe ein.
Dieses Theaterstück kann sehr vielschichtig betrachtet werden.
Tschechow hat allen seinen Figuren in sich gefestigte Charaktere gegeben, die in dieser Inszenierung klar herausgearbeitet werden. Da sie aber alle nicht sehr wandlungsfähig sind, fällt es ihnen schwer, den jeweils Anderen zu verstehen.
Auch das Thema Umwelt wurde um 1900 schon angesprochen, als nämlich der Arzt berichtet, wie sinnlos der Wald abgeholzt wird und was das langfristig für Folgen haben kann.
Sogar das heute so wichtige ehrenamtliche Engagement wurde damals schon angedacht. So schlägt Sonja der gelangweilten jungen Frau des Professors tatsächlich vor, sie könne sich doch um die Alten und Kranken im Dorf kümmern.
Im Gegensatz zu dem vielfältigen Inhalt des Stückes ist das Bühnenbild recht schlicht gehalten. Blaue Wände und Stufen mit leuchtend roten Fenstern und Türen stellen das Innere des Gutshauses dar, in dem sich die gesamte Handlung abspielt.
Die Rolle des Onkel Wanja spielt Boris Aljinovic, den das Publikum als Berliner Tatort-Kommissar kennt und der vor Corona oft im Renaissance Theater zu sehen war. Jetzt tritt er zum ersten Mal im Schosspark Theater auf. Auch Mark Weigel, der Dorfarzt mit dem übergroßen Schnurrbart, ist ebenfalls erstmals in diesem Haus zu sehen. Dagegen ist Dagmar Biener, die Amme, auf der Bühne des Schlosspark Theaters schon fast zu Hause.
Das Stück „Onkel Wanja“ wird noch bis zum 15. Oktober im Schlosspark Theater gespielt.