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28.02.2022 / Orte und Plätze

Mehr Bürgerbeteiligung gefordert

Von Ottmar Fischer.  Am Tag der großen Sturmwirbel wurde viel vorjähriges Laub durch die Lüfte getragen, während zugleich nur sehr wenige Zuschauer durch den Nieselregen den Weg in den Sitzungssaal der BVV Tempelhof-Schöneberg fanden.
Radfahrer in der Handjerystraße. Foto: Elfie Hartmann

Als neueste Kuriosität im Reigen der Pandemie-Sonderbarkeiten war die Februar-Sitzung von der inzwischen eingeübten Sporthalle Schöneberg zurück ins angestammte Schöneberger Rathaus verlegt worden, doch dann verhedderten sich die Organisatoren im Dschungel der Verordnungen. Denn um dem Abstandsgebot zu genügen, wurde die Sitzung in den größeren Willy-Brandt-Saal verlegt, der im geteilten Nachkriegs-Berlin als Sitz des West-Berliner Abgeordnetenhauses genutzt wurde – und die wenigen Zuschauer verloren sich im eigentlichen BVV-Saal, wo sie das Geschehen per Video-Übertragung verfolgen konnten.

Dem Autor dieses Berichts wurde freilich von der doppelt besetzten Einlasskontrolle die Teilnahme verwehrt, weil er keinen tagesaktuellen Coronatest vorweisen konnte,  zusätzlich zum bislang stets ausreichenden Impfschutz und zur Maskenpflicht, und das für einen Raum, der wegen seiner wenigen Besucher für einen zwanzigfach erweiterten Sicherheitsabstand ausgereicht hätte. Zur Aufführung gelangte dieses Behördenspektakel ironischerweise auch noch an genau jenem Tag, an dem die Bund-Länder-Kommission einen festen Fahrplan für die Abschaffung aller coronabedingten Beschränkungen bis zum 20. März angesagt hat. Also musste dieses Mal auf indirekte Weise das Material für den Bericht zusammengetragen werden.

Wie aus Teilnehmerkreisen zu erfahren war, ging auch diesmal wieder viel Zeit für zum Teil namentlich durchgeführte Wahlen verloren, weshalb dem Berichterstatter infolge erzwungener Abwesenheit viel Langeweile erspart blieb. So wurden die neuen Vorschläge der AfD zur Wahl eines Beisitzers und eines Stellvertreters für das BVV-Präsidium abgelehnt. Beschlossen wurden dagegen Änderungen der Geschäftsordnung in mehreren Punkten. Es wurden Mitglieder der Sozialkommission gewählt und Mitglieder des Kulturbeirats, sowie erneut ein Mitglied und ein Stellvertreter für den Jugendhilfeausschuss. Trotz Verlängerung der Sitzungsdauer um eine Stunde war somit weit über die Hälfte der verfügbaren Zeit verstrichen, bevor es endlich um inhaltliche Auseinandersetzung ging. Notgedrungen wurde zudem  viel ohne Aussprache beschlossen oder in die Ausschüsse überwiesen.

Überwiesen wurde auch ein Antrag der CDU zur Sicherstellung einer ausreichenden Bürgerbeteiligung bei der Ausgestaltung der beschlossenen Fahrradstraße in der Friedenauer Handjerystraße. Dazu hatte es bereits in der letzten Sitzung zwei Mündliche Anfragen von CDU und SPD gegeben, die vom Bezirksamt dahingehend beantwortet worden waren, dass nach Abschluss aller Abstimmungen mit den beteiligten Behörden eine „Informationsveranstaltung“ durchgeführt werden soll. Doch das reicht der CDU nicht. In einem Antrag fordert sie vielmehr eine Beteiligung der Zivilgesellschaft schon in der Planungsphase. Zur Begründung führt sie an, dass nur eine breit angelegte Bürgerbeteiligung sicherstellen kann, dass sich die Planung auf die Bedürfnisse aller Betroffenen auszurichten vermag. Nach dem Vorschlag dieses Antrags sollen die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung in einem schriftlichen Bericht zusammengefasst werden, in der BVV diskutiert, und dann „zur Grundlage der weiteren Planung gemacht werden.“

Als Beleg für das Erfordernis von mehr Bürgerbeteiligung führt der Antrag das Ergebnis einer von der CDU in der Anwohnerschaft durchgeführten Befragung an. Danach sprachen sich von 700 Rückmeldungen 65 % gegen eine Fahrradstraße aus, wenn dadurch Parkplätze entfallen. Daher fordert die CDU in dem Antrag für den Fortgang des Verfahrens: „Im Rahmen der Bürgerbeteiligung soll insbesondere nach Möglichkeiten gesucht werden, den Wegfall der Parkplätze zu vermeiden.“ Denn die Mehrheit der Befragten sei nicht grundsätzlich gegen eine Fahrradstraße, „sondern gegen den damit einhergehenden Wegfall der Hälfte der Parkplätze, so wie ihn das beauftragte Planungsbüro SHP Ingenieure vorsieht.“

Über den überwiesenen Antrag berät der Ausschuss für Verkehr am 10.3., womöglich wie zuletzt wieder im Videocall. Interessenten, die den Verlauf der Diskussion verfolgen wollen, wenden sich bitte am besten einen Tag vor dem Termin ans BVV-Büro, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass jederzeit auch kurzfristig mit Änderungen zu rechnen ist. Sitzungen können vertagt und verlegt werden oder auch ganz ausfallen. Wer also nicht zur falschen Zeit am falschen Ort sein will, fragt lieber nochmal nach. Auch der Tagungsort der BVV wechselt immer mal wieder, wie sich gerade erneut gezeigt hat. Erst die Aufhebung der Corona-Beschränkungen dürfte endlich auch für die Parlamentstätigkeit eine Rückkehr zur Normalität bringen, und damit auch für die Gäste und Berichterstatter.

Siehe auch: "Streit um die Fahrradstraße"

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