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10.11.2019 / Gewerbe im Kiez

Leihhaus und Juwelier Rennow

Es ist ein Familienunternehmen, das in der Bundesallee 94 in dritter Generation geführt wird.
Foto: Elfie Hartmann

1937 eröffnete die Großmutter auf Anregung ihrer Schwester ein Leihhaus, erst nebenberuflich, dann aber führten Meta und Georg Rennow das Geschäft gemeinsam. 1975 übernahm ihre Tochter das Geschäft und 20 Jahre später übergab diese das Leihhaus Friedenau wiederum an ihre Tochter, die heutige Inhaberin Sylvia Wittemeier-Weiß. Sie führt jetzt das Geschäft gemeinsam mit ihrem Ehemann Rainer Weiß. Und auch deren Tochter arbeitet nun bereits seit 10 Jahren im Familienbetrieb mit. Seit 2014 heißt das Unternehmen „Rennow – Leihhaus und Juwelier“, damit sollten die Gründer des Unternehmens geehrt werden.

Obwohl sich das Geschäft über die Breite von drei Schaufenstern zieht, ist der eigentliche Kundenbereich relativ klein. Der größte Teil der Räumlichkeiten dient als Lager für die beliehenen Pfänder.
Man betritt den Geschäftsraum durch eine doppelte Sicherheitstür, von denen sich die eine Tür immer erst öffnet, wenn sich die andere geschlossen hat. Der Raum wirkt hell und leicht, überall glitzert es. Alle Wände sind verglast und verspiegelt und in gläsernen Vitrinen glänzen kostbare Schmuckstücke und Uhren. Und doch sind die Sicherheitsvorkehrungen sehr hoch. Das Glas ist Panzerglas, das auch Gewehrkugeln abprallen lässt. Überall sind Kameras angebracht, die für das Auge eines ungeübten Laien nicht sofort erkennbar sind. Darüber hinaus gibt es noch eine Einbruchmeldeanlage.

Die meisten Kunden des Leihhauses (über 80 %) sind Stammkunden. Aber es kommen auch täglich 1-2 Neukunden dazu. Frau Wittemeier-Weiß erklärt, dass ihre Kunden aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten kommen. Es sind nicht nur die Hartz IV Empfänger, die gelegentlich etwas Geld brauchen, auch Akademiker, Schauspieler und Selbständige kommen hierher, um einen kurzfristigen Engpass zu überbrücken. Mal ist es plötzlich eine hohe Tierarztrechnung, mal sind es ausstehende Rechnungen, die ein Kunde nicht bezahlt hat.

Beliehen werden kann alles, was einen Wert hat, Schmuck natürlich, aber auch Haushaltsgeräte, Antiquitäten, hochwertige Technik, Designer-Mode und sogar Musikinstrumente. Dies sind nur einige Beispiele. Die Art der Gegenstände, die ins Leihhaus gebracht werden, ändert sich im Laufe der Zeit. Frau Wittemeier-Weiß sieht hier einen Spiegel der Gesellschaft. In den Nachkriegsjahren brachten die Leute den Sonntagsanzug oder die gute Bettwäsche, in den 70er Jahren war es der echte Pelzmantel, und heute sind es zum Beispiel die Handtaschen von Gucci oder Louis Vuitton.

Entsprechend muss der Pfandleiher auch den Wert der angebotenen Gegenstände kennen. Das ist heute dank Internet einfacher als noch vor 80 Jahren. Dafür ist das Angebot aber auch wesentlich vielfältiger. Pfandleiher ist kein Ausbildungsberuf, und doch braucht es mindestens zwei bis drei Jahre, bis man das nötige Know how und genügend Erfahrungen gesammelt hat, um die Werte sicher abschätzen zu können. Auch danach muss der Leihhausbesitzer den Wirtschafts- und Finanzmarkt ständig beobachten, der Goldpreis steigt, ein Smartphon verliert schneller seinen Wert als ein I-Phone oder wie viel ist eine gute Kamera wert? Natürlich ist es von Vorteil, wenn man einen Beruf gelernt hat, der eine Grundlage mitbringt, auf der man aufbauen kann. Frau Wittemeier-Weiß hat einmal eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht. Ihre Tochter Nina Weiß ist geprüfte Gemmologin (Edelsteinprüferin) und internationale Diamanten-Gutachterin. Deshalb kann das Leihhaus Rennow seinen Kunden auch anbieten, Schmuck zu begutachten und zu schätzen, auch wenn er nicht beliehen werden soll. Bei manchen Dingen, wie zum Beispiel Antiquitäten, zieht Frau Wittemeier-Weiß jedoch Spezialisten zu Rate. Jetzt in der Zeit von e-bikes und e-scootern arbeitet sie auch eng mit dem Gutachter aus einem Fahrradladen zusammen.

Das Pfandhaus Rennow legt viel Wert auf eine persönliche und  individuelle Beratung seiner Kunden. Wenn es dann zum Abschluss eines Pfandkreditvertrages kommt, wird das Darlehen sofort bar ausgezahlt. Die Wertgegenstände werden im Allgemeinen bis zu 25- 30 % des Zeitwertes beliehen. Der Vertrag läuft grundsätzlich über drei Monate, kann aber auch verlängert werden. Das Pfand kann jedoch auch vorzeitig ausgelöst werden. Die Kosten bestehen aus monatlich 1% Zins auf die Darlehnssumme und der Gebühr für Lager und Versicherung. Die Bedingungen für den Pfandkreditvertrag sind in der „Verordnung über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher“ durch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz festgelegt.
Sollte der Darlehnsnehmer die Summe zur Auslösung nicht vollständig zusammengespart haben, so bietet das Leihhaus Rennow sogar die Möglichkeit einer Ratenzahlung an.
Wird das hinterlegte Pfand nicht verlängert oder eingelöst, so verlangt der Gesetzgeber, dass das nicht erledigte Pfand auf einer öffentlichen Pfandauktion versteigert werden muss. Allerdings kommt es glücklicherweise nur selten dazu. Das Leihhaus Rennow schickt auch sicherheitshalber vor Fristablauf immer ein Erinnerungsschreiben an seine Kunden. Frau Wittemeier-Weiß erklärt, dass 93% der Pfänder rechtzeitig wieder ausgelöst werden. Erzielt das Pfand in der Auktion einen Erlös, der über dem Wert des Darlehns und der damit verbundenen Kosten liegt, wird der Gewinn dem Besitzer des Pfands ausgezahlt. Liegt der Erlös unter den Kosten, trägt des Leihhaus den Verlust.

Ein Leihhausbesitzer verdient tatsächlich nur an den Zinsen und Gebühren.

Die Versteigerungen werden in regelmäßigen Abständen im Centro Park Hotel in Neukölln durchgeführt. Die Termine werden in der Presse und auf der Homepage zwei Wochen vorher bekannt gegeben. Der nächste Versteigerungstermin ist am 2. 12. dieses Jahres.
Natürlich ersteigert auch das Leihhaus Rennow bei solchen Gelegenheiten günstig kostbare Schmuckstücke. Deshalb kann Frau Wittemeier-Weiß in ihrem Juwelier Geschäft neben neuwertigem Schmuck auch ausgesuchte alte Schmucksachen anbieten.

Wie in jedem guten Krimi arbeitet das Leihhaus Rennow natürlich auch mit der Polizei zusammen, wenn es darum geht, Diebesgut zu finden und wiederzubeschaffen.

Es gibt auch Pfandleihhäuser, die sich sehr spezialisiert haben. Es gibt extra Kfz-Leihhäuser und in Berlin gibt es sogar ein Boots-Leihhaus.

Christine Bitterwolf

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