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25.06.2022 / Gewerbe im Kiez

Kuchen und Kunst vom Feinsten

Von Elfie Hartmann. Die Bülowstraße in Schöneberg ist nicht erst seit der damaligen Eröffnung vom inzwischen international bekannten Urban Nation Museum, dem Museum for Urban Contemporary Art an der Ecke Zietenstraße ein Geheimtipp in Sachen Kunst.
Foto: Elfie Hartmann

Allein von der Hochbahn ab dem Nollendorfplatz bis zur U-Bahn Bülowstraße aus gesehen, sind rechts und links an den Hausfassaden die temporären Gaffitti von international renommierten Künstlern zu sehen. Vom großräumigen Urban Nation Museum aus zur Ecke Frobenstraße geschritten, vorbei an dem klitzekleinen originellen Kunst-Café Minimalistix, steht man ganz und gar unerwartet vor einem bleiweiß gestrichenen, kunstvoll gestalteten, schmiedeeisernen Tor. Die gesamte Ecke wirkt, von erwähnter weißer Mauer umgeben, wie abgeschirmt. Dieses kleine neue Museum innerhalb der Abgrenzung scheint fast absichtlich versteckt und wirkt dadurch sorgsam geschützt und behütet. Kein Gedanke, dass sich an dieser Ecke früher mal eine Tankstelle befunden hat, die nun liebevoll in ein absolutes Kunstkleinod umgebaut wurde, das sich jetzt genau als ein solches präsentiert.

Das kleine Grosz Museum

Innerhalb der weißen Mauer an der Bülow- Ecke Frobenstraße verbirgt sich das neue kleine Museum. Ein außergewöhnlich ansprechendes Flair empfängt den überraschten Besucher. Das Plätschern des gradlinig ummauerten Teiches links und rechts direkt hinter dem Eingang versetzt unversehens in eine andere Welt. Und zwar spätestens dann, wenn dem Besucher die kostbaren Kois oder auch ein ansehnlicher Karpfen zutraulich und neugierig entgegen schwimmen, als warteten sie auf Streicheleinheiten. Das Café auf der Terrasse rechts vom Eingang des eigentlichen Museums gelegen, irritiert dann fast zusätzlich, und es erscheint plötzlich unvorstellbar, sich mitten im Schöneberger Kiez zu befinden. Der unaufhörliche Lärm, der durch die hohe Verkehrsdichte in der Bülowstraße vorher störte, ist fühlbar ab diesem Zeitpunkt völlig ausgeblendet.

Das am 14.Mai 2022 eröffnete zweistöckige Museum ist ebenso überschaubar wie das kleine Café im Vorraum. Und das Gesamtkonzept ist dann auch schnell erkennbar als gelungene Symbiose von Kunst und Cafékultur. So ist es nicht nur als eines der architektonisch reizvollsten Museen zu bezeichnen, das Schöneberg zu bieten hat.
Die Werke von George Grosz sind allgemein bekannt als gesellschaftskritische Darstellungen und können sicherlich keinen Betrachter unberührt zurück lassen. Sie stehen in krassem Gegensatz zu der friedvollen Atmosphäre, in der sie innerhalb dieser Räume präsentiert werden.

Im Mai war die Redakteurin der STZ vor Ort und war sehr überrascht von einer unerwartet hohen Besucherzahl, die anscheinend durch die vorangegangenen Medienberichte über das kleine neue Museum noch zusätzlich ausgelöst geworden sein mochte. Draußen stand ein Mitarbeiter des Cafés und wartete dringend auf den Nachschub der Torten für das Buffetangebot. Laut Auskunft hatte man mit einem zusätzlichen direkten Kartenverkauf für spontan entschlossene Besucher gerechnet, doch das Museum war trotz der Zeitfenster-Onlinetickets bereits völlig ausgebucht, wenn nicht überfüllt.

Der Künstler George Grosz

In der Ausstellung befindet sich eine Sammlung von Originalen seiner Zeichnungen inklusive die der frühen Jahre: Sein Geburtsname ist Georg Ehrenfried Gross. Also Grosz vor Gross. Er wurde am 26. Juli 1893 in Berlin in einfachen Verhältnissen geboren. Sein Werdegang ist in den Ausstellungsräumen präzise nachzuverfolgen. Von 1912 bis 1916 besuchte er nach dem Abitur die progressive Schule des Kunstgewerbemuseums. Emil Orlik unterwies ihn dort in seiner Fachklasse für Grafik und Buchkunst in allen grafischen und zeichnerischen Techniken. Schon während des ersten Studiums im Jahre 1909 in Dresden pendelte er zwischen Tradition und Moderne. Er wollte aber eher ein Witzblattzeichner sein und 1910 wurde tatsächlich erstmals eine Zeichnung von ihm publiziert. Ab 1913 druckten Witzblätter bereits regelmäßig Zeichnungen und Beiträge von ihm ab. Und erst 1916 entsteht der Künstlername, er nennt sich nun George Grosz. Und das schlicht aus pragmatischen Gründen für persönliche Abgrenzung. Der Wiedererkennungswert dieser speziellen Namensgebung spielte auch eine Rolle dabei. Der Name Gross erschien ihm als ein Allerweltsname einfach zu banal.

Die deutliche Politisierung und Radikalisierung ist in seinen Zeichnungen im und nach dem ersten Weltkrieg um 1917 darstellerisch zu erkennen. Nach Feststellung einer Wehrdienstuntauglichkeit durch Krankheit entstanden seine weiteren Grafiken, die dadurch maßgeblich geprägt sind. Im Grunde sind sämtliche Zeichnungen als politischer Protest erkennbar. George Grosz galt demzufolge als einer der schärfsten und mutigsten Kritiker der gesellschaftlichen Zustände in der Weimarer Republik.
 
Ein Platz am Kurfürstendamm

Der George-Grosz-Platz am Kurfürstendamm in Charlottenburg erzählt mittels einer weithin sichtbaren Stele sein von vielen Stationen geprägtes Leben. Dieser öffentliche Dreiecksplatz, Kreuzung Schlüterstraße gegenüber dem Haus Cumberland, wurde im Juli 2010 durch die Initiative seiner Großnichte Ana Fonell eröffnet.

Wer sich die Ausstellung von George Grosz in Schöneberg angesehen hat, zieht unwillkürlich Vergleiche mit dem heutigen Weltgeschehen, insbesondere natürlich mit dem momentanen Krieg, den absurden Angriff Russlands auf die Ukraine. Wie gut durchdacht und - wie wichtig es ist, dass es geschützt hinter diesen Mauern die Gelegenheit gibt, anschließend bei Gesprächen auf der kleinen Terrasse draußen oder im Café selbst noch ein wenig verweilen zu können, um die Eindrücke seiner Darstellungen verarbeiten zu können. Der Künstler wäre sehr zufrieden mit „seinem“ Haus.

Das kleine GROSZ Museum
Bülowstraße 18 (Ecke Frobenstr.)
10783 Berlin
www.daskleinegroszmuseum.berlin
geöffnet bis 17.10.2022
Zeitfenster-Onlinebuchung
Eintritt 10,- Erm. 6,- Euro.
(Bei erlaubten unter 50 Anwesenden ist ein zusätzlich direkter Kartenkauf im Museum möglich)

Öffnungszeiten: Mo/Do/Sa/So 11.00 – 18.00 Uhr, Fr 11.00 – 20.00  Uhr

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