Hilfe für die Ukraine


Heute dienen seine Äußerungen dagegen als Rohmaterial für Witznummern der Satiriker, und im Bundestag applaudieren die Abgeordneten nun dem Präsidenten der Ukraine, der wegen Putins Überfall per Videoschalte aus seinem Regierungsbunker sprechen muss. Und während der ukrainische Präsident Selensky auch in anderen Ländern ein gern gesehener Gast auf den Video-Bildschirmen der Parlamente geworden ist, mag den russischen Kriegsverbrecher Putin niemand mehr hören und sehen.
Der imperiale Größenwahn des kleinwüchsigen Diktators im Kreml äußert sich auch in der gewaltsamen Entkernung seiner Sprache, die durch eine verlogene Anpassung der verwendeten Wörter an seine Herrschaftsideologie gekennzeichnet ist. So spricht er gern von „Nazis“, meint aber alle, die „sich uns in den Weg stellen“. Und wenn in den von ihm domestizierten Medien davon die Rede ist, es gäbe eine russische Mission zur Ausmerzung des Faschismus und der fantasierte „Genozid an Russen im Donbass“ verlange nach einem Feldzug wie dem gegen den NS-Faschismus, dann wird auch dem letzten Nachbarn klar, dass Gefahr im Verzuge ist, zu-mal unter Putin ein regelrechter Kult um die Militärfeier zum Jahrestag des glorreichen Sieges über Nazi-Deutschland entstanden ist.
Solche Bedeutungsverdrehungen zur Verschleierung des eigenen Machtanspruchs kommen bezeichnenderweise auch jetzt wieder zum Einsatz, wenn der Diebstahl ukrainischen Getreides in den eroberten Gebieten als Propagandalüge abgetan wird oder wenn die Zerstörung ukrainischer Getreidesilos durch russischen Beschuss als Sabotage der ukrainischen Nazis bezeichnet wird. Da passt es ins Bild, wenn die Verminung der Äcker in den besetzten Gebieten und die Bombardierung von Bauernhöfen zur Verhinderung der Aussaat geleugnet wird oder wenn selbst die Getreideausfuhr über die Seehäfen durch Kriegsschiffe und Verminung unterbunden wird, aber von einer angeblichen ukrainischen Blockadehaltung gesprochen wird, die eine Verabredung zur sicheren Ausfuhr des besonders in den ärmsten Ländern Afrikas dringend benötigten Getreides verhindere.
Wir alle können helfen!
Zwar sind russische Soldaten in den besetzten Gebieten neben ihren Gräueltaten auch durch systematische Plünderungen in Erscheinung getreten, so wie das u.a. durch die Überwachungskamera eines von ihnen zum Versand ihrer Raubgüter in ihre Heimatdörfer genutzten Kurierdienstes festgehalten wurde. Doch ist nicht der Verlust von Staubsaugern, Waschmaschinen und Unterhaltungselektronik das quälendste Problem, so schmerzlich der Verlust für die Betroffenen auch sein mag. Noch drückender für die Bevölkerung ist die grassierende Lebensmittelknappheit, die durch die systematische Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur infolge russischen Beschusses hervorgerufen wird. Es war daher weitsichtig und folgerichtig, dass die gleich nach Kriegsbeginn gegründete „Ukraine-Hilfe e.V.“ Listen mit den am dringendsten benötigten Hilfsgütern erstellt hat, die im Zusammenwirken mit ukrainischen Organisationen und Institutionen entstanden sind. Neben den für ein Überleben im Schutzkeller notwendigen Isomatten, Schlafsäcken und Batterien für Taschenlampen, sowie den krankheitsbedingt notwendigen Medikamenten, ist bis heute die Beschaffung von ausreichend Nahrung das wichtigste Anliegen der notleidenden Bevölkerung geblieben.
Sinnvollerweise hat sich daher auch die Klasse 8c des Paul-Natorp-Gymnasiums in Friedenau bei ihrer eigenen Spendensammelaktion auf die Beschaffung von Nahrungsmitteln konzentriert. Nach der Behandlung des Themas Ukraine-Überfall im Unterricht sind an dieser Schule zahlreiche Unterstützungsprojekte in den einzelnen Klassen entstanden. Wie Isabelle als Beauftragte ihrer Klasse aus Anlass der Spendenübergabe an die Sammelstelle in der Nathanael-Kirche der Stadtteilzeitung berichtet, hat die Klasse sich für eine Sachspendenaktion entschieden. Über die Ukraine-Hilfe hat sie von einem ehemaligen Ferienlager in Rzhavytsi erfahren, das jetzt als Flüchtlingsunterkunft für Waisenkinder im Alter von 4-14 Jahren aus den Kriegsgebieten dient. Von dort kam dann eine Liste von dringend benötigten Grundnahrungsmitteln, deren Beschaffung durch Geldspenden aus Hofpausenaktionen möglich wurde. Insgesamt 300 Euro kamen zusammen und reichten für ein umfangreiches Spendenpaket (siehe Foto), bestehend aus haltbarer Fertigspeise und Konserven, sowie Buchweizen, Hirse, Erbsen, Maisgrieß, Hafergrütze, Salz und Zucker. Und von der Nathanael-Kirche aus geht es damit per LKW direkt an den Bestimmungsort.
Wie in dieser Zeitung berichtet, unterhält die Ukraine-Hilfe ihre Sammelstelle in der Nathanael-Kirche bereits seit der ersten Kriegswoche. Und der zur Spendenübergabe ebenfalls eingetroffene Gemeindepfarrer Lübke weiß sich gut daran zu erinnern, mit welcher Geschwindigkeit alles zustande kam. Danach hat ihn der Pfarrer der ukrainisch-orthodoxen Kirchengemeinde sofort nach den ersten Meldungen zum russischen Überfall angerufen und um die Bereitstellung von Gemeinderäumlichkeiten für die von ihm vorgesehene Sachspendensammlung gebeten. Das war natürlich für einen Praktiker der Nächstenliebe wie Pfarrer Lübke, der durch seinen über 15 Jahre aufrechterhaltenen Diakonie-Laden in der Rubensstraße berlinweit bekannt geworden ist, gar keine Frage, sondern sofort ein klarer Selbstauftrag. Und so wurde per telefonischer Abfrage die Zustimmung sämtlicher Gemeinderatsmitglieder eingeholt und binnen dreier Tage konnte Pfarrer Oleg Polanko die Sache starten. Seither werden die hinteren Bankreihen der Kirche zum Sortieren der Sachspenden genutzt, die vorderen bleiben frei für die Besucher der Gottesdienste, zuerst um 10 Uhr für die protestantische Gemeinde, anschließend um 12 Uhr dann für die orthodoxe Gemeinde, was von den Flüchtlingen dankbar angenommen wird, denn die orthodoxe Liturgie wird muttersprachlich zelebriert.
Seither kooperieren hier nicht nur die beiden Kirchen, sondern auch die Helfer aus beiden Ländern. Unter ihnen auch Ewelina, die von der ersten Woche an dabei ist. Sie stammt aus Polen und kam vor 20 Jahren aus Liebe zu einem Deutschen nach Berlin. Wie sie erzählt, staunte sie nicht schlecht, als sie eines Tages die ukrainische Fahne vor der Kirche aufgezogen sah. Als sie am Info-Tisch von der Sachspenden-Aktion erfuhr, fühlte sie sich direkt angesprochen, und da sie ukrainisch und russisch spricht, wurde sie schnell zur unentbehrlichen Dolmetscherin und Koordinatorin. Dabei halfen ihr die Ersterfahrungen bei ihrem Freiwilligen-Einsatz im Ankunftszelt für die Flüchtlinge am Hauptbahnhof und in den neu geschaffenen Unterkünften. Nach ihrem Eindruck bewältigen die Geflüchteten ihre schwierige Situation als unerwartete Gäste eines fremden Landes mit anderer Sprache und Kultur in großer Dankbarkeit und auch Zuversicht. Überraschend ist dabei für Ewelina die gro0e Souveränität der Flüchtlinge im Umgang mit den Herausforderungen: „Selbst Behördengänge werden gern ohne Begleitung bewältigt. Erst wenn alle eigenen Bemühungen gescheitert sind, wird um Unterstützung gebeten.“
Die in der Ukraine-Hilfe aktiven Geflüchteten sind nach Ewelinas Eindruck besonders dafür dankbar, dass sie mit ihrer Tätigkeit einen Beitrag für ihre Angehörigen und Landsleute in der Heimat leisten können. Sie sähen sich in einer Schuld, die sie in ihrer aktiven Hilfe abtragen können. „Da schmiert der Professor ohne zu murren die Brote“, so Ewelina, „der Anwalt trägt die Kisten, die Ärztin putzt den Boden, und alle sind trotzdem dankbar.“ Ewelina sagt auch, dass die Unterstützung von außen weiterhin dringend gebraucht wird. Und man müsse auch nicht viel geben, schon eine Kleinigkeit helfe: „Zehn Feuer-zeuge helfen zehn Personen, die im dunklen Keller sitzen und eine Packung Windeln schafft einem Kind für eine Woche einen trockenen Po“ Die Sachspenden werden weiterhin dankbar entgegengenommen am Info-Tisch vor der Nathanael-Kirche auf dem Grazer Platz in Friedenau:
Mittwoch 16-20 Uhr,
Samstag 10-18 Uhr