Geier vorm Schöneberger Rathaus!
Etwas irritiert schaue ich spontan nach oben ... hm ... wenn die zwei kreisenden Tauben da oben mit einem Geier verwechselt worden sein sollten ... eher unwahrscheinlich. Eher
s e h r unwahrscheinlich.
Ich sehe einen fast leer geräumten Stand mit recht wütend bis extrem grimmig ausschauender Mieterin desselben und höre sie unüberhörbar deutlich wiederholt durch die Zähne zischen: „Jetzt kommen die Geier!“
So wie ich seit jeher absolut philanthropisch durchs Leben mehr schwebe als eile, marschiere ich jetzt aber einfach kurz entschlossen im Stechschritt direkt auf ihren Stand zu. So erwartungsvoll wie unverdrossen permanent neugierig, überdecke ich die leicht peinliche Situation mit fragendem Lächeln. Ich will sie gleichzeitig unbedingt besänftigen - den Versuch sei´s (mir) wert.
Man hat für alles Zeit, wofür man Zeit haben will.
Auf meine Frage hin, wieso sie so schrecklich erbost sei, erklärt sie mir aufgebracht, dass am Schluss immer „die Geier“ kämen, um all das, was nun auf und unter den Tischen unfreiwillig zurückgelassen, so also eben leider herrenlos herumläge, „für lau“ zusammenzuklauben.
Dann fließt es aus ihr heraus: Sie selbst aber stünde dort bei jedem Wetter an Wochenenden ab 7.30 Uhr und kämpfe um jeden Euro, um wenigstens die Standmiete herein zu bekommen; die Leute würden so frech handeln, dass einem schlecht würde und ... und. ... da könne man doch wirklich nach acht bis neun Stunden ohne Pause schon mal ausfallend und nachvollziehbar ungehalten werden, wenn man nichts oder wieder viel zu wenig verkaufe oder - wie auch zu oft, manches zum Selbstkostenpreis abgäbe, nur um nicht noch drauf zu zahlen ...
Während ich aufrichtig interessiert zuhörte, was ihr sichtlich gut tat, polterten unterschiedlichste Kinder und Jugendliche an den nun fast leeren Ständen vorbei. Sie schauten sehr gründlich in jeden offenen Karton und kamen mit Armen voll (meist recht lädiertem) Spielzeug und anderen undefinierbaren Gegenständen immer wieder recht ausgelassen an uns vorbei gestürmt.
Die Abenteuerlust war nicht zu übersehen, das Lachen nicht zu überhören und...
Und was?
Ich ließ mich zuerst anstecken, dann - etwas zögerlich auch „meine Trödelfrau“...
Freude ist eben zum Glück und hoffentlich stets - ansteckend, macht sie einen doch selbst so hochgestimmt.
Auf die weitere Frage hin, ob
d i e s e Wirbelwinde denn nun „die Geier“ seien, musste auch sie endlich sichtlich erfrischend und lauthals auflachen:
Tag gerettet.
Frust adé.
Auf ein Neues dann am nächsten Wochenende - bis die Geier wieder kommen?
Bis die Geier wieder kommen.
Die flitzenden Geier mit den fröhlichen Gesichtern.
PS: Mit Sicherheit gäbe es - eigentlich - hierzu ein „Für und Wider“ zu diskutieren !?
Aber eigentlich - ist es nur eine kleine Kiezgeschichte und - die ist hier zu Ende.
Elfie Hartmann