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07.06.2016 / Orte und Plätze

Friedrich Wilhelm, dreimal anders

Wie in unserer letzten Ausgabe berichtet, fand im April in der Kirche Zum Guten Hirten ein „Kiezgespräch rund um Bahn und Platz“ statt, zu dem die BI Friedrich Wilhelm Platz und die Stadtteilzeitung eingeladen hatten und das von Gemeindepfarrer Wenzel moderiert wurde.
Hof Görresstraße Nr. 23 um 1910. Foto: Archiv edition Friedenauer Brücke

Hatte im ersten Teil die BVG ihre Umbaupläne für den U-Bahnhof vorgestellt, ging es in der zweiten Runde um die Ausschmückung der Eingänge mit historischen Ansichten der Platzumgebung. Wie bereits berichtet, hatte die Stadtteilzeitung eine Idee aus dem Bezirksparlament aufgegriffen und mit der BVG vereinbart, gemeinsam mit der ortsansässigen Bevölkerung Bildmaterial aufzuspüren, das für die schmückende Verlebendigung der Friedenauer Entstehungszeit in den Eingängen geeignet ist.

Auf unseren Aufruf hin haben uns unsere Leser Ingrid Pohlent und Rosa Stroll ihre privaten Postkartensammlungen zur Verfügung gestellt. Der Friedenauer Bauhistoriker Dr. Peter Lemburg versicherte seine Bereitschaft zu fachlichem Beistand. Und die beiden größten Sammelstellen für Friedenauer Erinnerungsbilder vor Ort bereiteten aus ihren Beständen zwei Präsentationen vor, die nach dem BVG-Vortrag nacheinander zur Vorführung kamen.

Die Eröffnung machte die am Perelsplatz ansässige Bergius-Schule, in deren aus der Gründerzeit stammendem Gebäude auf Initiative von Direktor Rudolph - wohl deutschlandweit einmalig - ein hauseigenes Stadtteilmuseum Objekte zur Ortsgeschichte und historisches Bildmaterial sammelt und ausstellt. Vier muntere Schüler der Geschichts-AG der Schule stellten zunächst sich selbst und dann in Leinwandprojektionen das ausgewählte Bildmaterial vor.

Die Bilderreise begann mit der Vorstellung verschiedener Produkte aus Abbildungen der zeitgenössischen Werbung damals in Friedenau bestehender Betriebe wie Goerz und Bamberg, präsentierte dann deren Fabrikationsstätten und Belegschaften und führte schließlich zu historischen Gebäuden und Grünanlagen. Dabei kam auch ein eingeschossiges Rohziegel-Landhaus aus der Friedenauer Frühzeit in den Blick. In diesem Gebäude etablierte sich die Radiofrequenz GmbH des später zur Weltfirma aufgestiegenen Kommunikationstechnik-Unternehmens der Gebrüder Loewe, an dessen Anfang die erstmalige Herstellung eines Radiowellen-Empfangsgeräts mithilfe des Physikers Manfred von Ardenne unter dem Produktnamen OE 333 in diesem Hause steht. Ein Exemplar dieser folgenreichen Innovation ist im Schul-Museum zu besichtigen und wurde, passend zum historischen Gebäude, ebenfalls im Bild vorgestellt.

Anschließend lenkte Evelyn Weissberg von der edition Friedenauer Brücke den Blick des Publikums auf das weite Feld des Friedenauer Lebens von der Entstehungszeit bis zur baulichen Vollendung etwa im Jahre 1910. In ihrer Bilderreise waren nicht nur allbekannte Erscheinungen wie die regelmäßig wiederkehrende „Friedenauer Sintflut“ im historischen Gewand zu sehen. Es berührten insbesondere Bilder des früheren Gemeinschaftslebens. So konnte man Fotos einer schneeschippenden Kindergruppe am Südwestkorso sehen. Der MTV Friedenau marschiert unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf einem Umzug durch die Roennebergstraße und ist bei Turnübungen auf dem damals noch unbebauten René-Sintenis-Platz zu sehen.

 Auf einem weiteren Foto wird ein Einblick in den Hof jenes Fuhrunternehmens in der Stubenrauchstraße gewährt, das in der Frühzeit der Ortsgeschichte vom „Gemeinnützigen Verein“ mit der Müllabfuhr betraut worden war, und ruft mit dem Anblick einer ansehnlichen Hühnerschar auf dem Kopfsteinpflaster des Geländes den von Selbstversorgung geprägten Charakter der anfänglichen Landgemeinde ins Gedächtnis. Und neben einem Oldtimer und unbeschädigten Vorgärten sind stolze Mechaniker vor einer eingeschossigen Reparaturwerkstatt in der Büsingstraße zu sehen. Überhaupt zeigen die Bilder die große Liebe der Gründergeneration zu Grünflächen. Das zeigte sich auch auf den zahlreichen Bildern vom Platz selbst und in den Straßenansichten mit seinen Vorgärten und Baumreihen.

Schon diese für die Berichterstattung notwendigerweise kurze Auswahl gibt einen deutlichen Hinweis auf den Umfang des Materials. Und wenn man bedenkt, dass auch die in der Veranstaltung vorgestellte Auswahl nur einen kleinen Teil des in dreißig Jahren gesammelten Bildbestandes des Verlages darstellt, dann lässt sich erahnen, wie schwer die angemessene Auswahl für den Bildschmuck der U-Bahnhofseingänge in den nächsten Wochen noch werden wird.

(Fortsetzung mit dem abschließenden Teil 3 in der nächsten Ausgabe)

Ottmar Fischer

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