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27.09.2011 / Menschen in Schöneberg

Eine erfolgreiche Strategie

Katharina Kaiser berichtet über ihre Arbeit für das Kunstamt Tempelhof-Schöneberg.
Katharina Kaiser im Haus am Kleistpark, Juni 2011. Foto: Thomas Protz

Tempelhof-Schönberg gehört – neben Reinickendorf – nach Anzahl der Mitarbeiter bemessen zu den kleinsten Berliner Kunstämtern. Katharina Kaiser, bis Mitte Juli Kunstamtsleiterin, hat fast 30 Jahre das Haus am Kleistpark sehr erfolgreich mit nur zwei Mitarbeitern geleitet. Als herausragende Beispiele ihrer Tätigkeit seien an dieser Stelle die Ausstellung „Wir waren Nachbarn“ und der von ihr mit initiierte Fotopreis „BERLIN, Blicke“ genannt. Sie setzte damit Zeichen, die noch immer eine große Reichweite haben.

Worin sieht Katharina Kaiser selbst die Bestandteile ihrer erfolgreichen Arbeit? Immer wieder betont sie im Gespräch die Wichtigkeit der Vernetzung und Kooperation mit anderen Institutionen. Bevorzugte Partner waren für sie die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK), die Karl-Hofer-Gesellschaft, die Universität der Künste (UdK) und die Letteschule. So potenzieren sich Mitarbeiter und Mittel und Besucher. Nie hat sie den Blick auf die Ressourcen des Bezirkes vernachlässigt. Was gibt es im Bezirk, was ist im Bezirk möglich? Nicht abgehobene Kulturpolitik wollte sie machen, sie entwickelte ihre Konzepte im Kontakt zu in Schöneberg verankerten Gruppen und Initiativen.

Katharina Kaiser war nicht nur eine besonders kreative Kuratorin. Sie war und ist auch eine Pädagogin. Eine Pädagogin im positiven Sinne. Sie überzeugt durch klare, originelle und spannende Konzepte. Sie setzt unübersehbare Maßstäbe. Kulturhistorische und auch Kunst-Projekte müssen sich auf gesellschaftliche Themen einlassen, denn „Kunst hat mit Gesellschaft zu tun“. Für einen anderen Leitsatz: „Kunst zeigen und Kunst fördern“ steht der seit 1990 vergebene Preis für Fotografie „BERLIN, Blicke“. Der Wettbewerb hat in der Fotoszene einen guten Ruf. Ausgezeichnet werden fotografische Studien, die auf jeweils eigene Weise ein Thema des Bezirkes mit fotografischen Mitteln darstellen. Die Bilder sind in den Bestand des Bezirkes Tempelhof-Schöneberg übergegangen und stellen so ein „historisches und soziales Gedächtnis“ der Stadt dar.

Kann eine so engagierte Frau im Ruhestand einfach die Hände in den Schoß legen? Natürlich nicht. Sie wirkt weiter, diesmal ehrenamtlich - ein fließender Übergang. Wiederum kann an dieser Stelle nur ein Beispiel erwähnt werden - aber wahrscheinlich das wichtigste: Die Ausstellungsinstallation „Wir waren Nachbarn“. Dieses Projekt umfasst 136 Biografien jüdischer Zeitzeugen und ist in-zwischen als Dauerausstellung im Rathaus Schöneberg zu sehen. Nicht die Vernichtung der Juden steht im Vordergrund, sondern der Alltag zur NS-Zeit. Es wird eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit im besten Sinne nicht nur ausgestellt, sondern auch permanent weitergeführt. Die Ausstrahlung der Ausstellung reicht weit über die deutschen Grenzen hinaus. Erst vor einigen Wochen kam ein junger australischer Jude nach Berlin, er brachte seinen Vater mit, der seit seiner Auswanderung aus Deutschland nicht mehr in seiner Heimatstadt war, um ihn in diese Ausstellung zu führen.

Wie in diesem Fall, so kommt es bei der Arbeit am biografischen Material immer wieder zu Gesprächen. Versöhnungsarbeit, die weitergeführt werden muss. Für Katharina Kaiser ein wichtiger Teil des Projektes. In jedem Jahr kommen etwa sechs weitere Biografien hinzu. Auch sollen die vorhandenen Dokumente immer wieder nach Schwerpunkten neu präsentiert werden. Der Bezirk kann diese Arbeit nicht alleine leisten. Der Förderverein mit dem schönen Namen: „Frag doch! Verein für Begegnung und Erinnerung“ entwirft die Konzepte, erarbeitet neue Inhalte und veranstaltet das Rahmenprogramm. Der Bezirk finanziert die Basis.

Viele Mitarbeiter kamen bisher aus dem zweiten Arbeitsmarkt, der reduziert werden soll. In zunehmendem Maße wird auf ehrenamtliche Mitarbeit zurückgegriffen werden müssen Es werden allerdings gewisse Ansprüche an die Ehrenamtlichen gestellt. Es geht nicht nur darum, ein, zwei Stunden in der Woche in der Ausstellung Aufsicht zu führen. Da es sich um eine sehr sensible Thematik handelt, müssen sich die Interessierten in der Problematik auskennen. Der Verein arbeitet sie ein. Auch anspruchsvolle Tätigkeiten wie eigene Forschung zu den in der Ausstellung ausgestellten Biografien sind möglich.

Und noch etwas liegt Katharina Kaiser am Herzen. Das Haus am Kleistpark soll verkauft werden. Es gab viele Proteste, auch von dem Quartiersmanagement an der Potsdamer Straße. Zum sozialen Leben gehört dieser Ort mit der Kommunalen Galerie und der Musikschule dazu. Es muss auch die soziale Bedeutung gesehen werden. Das Haus darf nicht geschlossen werden. Es ist ein wichtiges Fundament der Schöneberger Kulturarbeit.

Ulrike Götting

Ausstellung
„Wir waren Nachbarn“
im Rathaus Schöneberg
Öffnungszeiten (ganzjährig)
Mo-Do 10-18 h, Sa-So 10-18 h
Eintritt frei

Anmeldung für Gruppen und Schulklassen: (030) 90277-4527

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