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27.09.2011 / Menschen in Schöneberg

Ein Blick hinter die Kulissen der Wahl

Die Wahl ist vorbei. Sie haben Ihre demokratische Pflicht getan.

Waren Sie in Ihrem Wahllokal gerade der einzige Wähler und haben sich gefragt, warum da so viele Wahlhelfer rumsaßen und offensichtlich nichts zu tun hatten? Oder war es in Ihrem Wahllokal gerade so voll, dass Sie anstehen mussten, und Sie haben sich gefragt, ob man das nicht besser hätte organisieren können?

Ich kann Sie beruhigen. Diese Wahl war gut organisiert. Alles war bis ins Kleinste geregelt, für alles gab es eine Weisung. Ich glaube, das Einzige, was nicht vorgeschrieben wurde, war, wo Sie Ihr Kreuz zu machen haben.

Die Wahlvorstände wurden vorher extra geschult. Alle Anderen wurden am Wahlmorgen genauestens eingewiesen.

Am Sonntag musste die gesamte Mannschaft pünktlich um 7.00 Uhr versammelt sein, und dann wurde eine Antrittsmeldung ab-gegeben. Für den Kontakt zum Bezirkswahlamt gibt es ein besonderes Diensthandy. Nun ist eine Stunde Zeit, das Wahllokal herzurichten. Alles ist genau vorgeschrieben, z. B. die Kontrolle, ob die leere Wahlurne auch tatsächlich leer ist. Und das Aufhängen der Flaggen in der richtigen Reihenfolge, dabei besonders zu beachten ... der Berliner Bär muss unbedingt die Deutschlandfahne angucken.

Manchmal kennt sich ein Team schon von vergangenen Wahlen und ist so gut eingespielt, dass je-der etwas für ein kleines gemeinsames Frühstück mitbringt, um sich für das sonntägliche frühe Auf-stehen etwas zu entschädigen.
Pünktlich um 8.00 wird das Wahllokal eröffnet. Die ersten Wähler stehen schon wartend vor der Tür. Bald läuft alles wie am Schnürchen. Jeder hat seine Aufgabe. Der Eine fragt nach dem Ausweis, und prüft die Zuständigkeit, wenn jemand seine Wahlbenachrichtigung vergessen hat. Dafür gibt es extra Listen. Der Andere übergibt die Stimmzettel, diesmal ist zu beachten, dass auch 16jährige und EU-Bürger wählen können. Hier darf nur der Stimmzettel zur BVV überreicht werden. Ein Dritter passt auf, dass wirklich immer nur ein Wähler in der Kabine ist, selbst Kinder dürfen nicht mitgehen. Es gibt allerdings ein Wahl-lokal, da lassen die Helfer dann die Kinder zwischen Keksen und Gummibärchen wählen. Nun muss der Name im Wählerverzeichnis abgehakt werden, damit wirklich jeder nur einmal wählt. Zu guter Letzt wird jede Stimmabgabe auf einer Zählliste vermerkt, damit pünktlich um 12.00 und um 16.00 Uhr gemeldet wer-den kann, wie hoch die Wahlbeteiligung ist.

Außerdem stehen ARD und ZDF vor einigen Wahllokalen und bitten die Wähler freiwillig und anonym einen Fragebogen auszufüllen. Im Kampf um die beste Wahlberichterstattung melden sie fast stündlich die Ergebnisse für die nächste Hochrechnung. Da wo mehrere Wahllokale auf einem Flur sind, kann es schon passieren, dass beide Sender ihre Stände nebeneinander haben.

Manchmal haben die Wähler auch Zeit für ein kleines Gespräch. „Na, wie ist denn die Wahlbeteiligung so?“ oder sie begrüßen freudig die Klassenlehrerin ihres Kindes, bzw. stellen erstaunt fest, dass auch der Schulleiter im Einsatz ist. Eine alte Dame, nutzt die Gelegenheit, um über ihre Krankheiten zu plaudern, und eine junge Frau stürmt mit der Information, sie hätte heute Geburtstag, an der Warteschlange vorbei, um schnell zu ihrer Feier zurückzueilen. Und es treffen sich Nachbarn, die sich erfreut in die Arme fallen, „Ach, Du auch hier?!“

Aber es kann auch echte Probleme geben. In einem Wahllokal hat sich jemand empört beim Wahlleiter beschwert, dass innerhalb der Bannmeile von 30 Metern noch ein Wahlplakat hing. Die Strecke wurde mit großen Schritten abgemessen, ... tatsächlich! Der Wahlvorstand musste sofort veranlassen, dass das Plakat entfernt wird. Auch wer eine Minute nach 18.00 Uhr, eilig mit dem Taxi vorgefahren kommt, wird abgewiesen, weil das Wahl-lokal pünktlich geschlossen wird.

Nach 18.00 Uhr beginnt der letzte Teil der Arbeit. Die Wahlurne wird geöffnet und auf einen großen Tisch entleert. Wieder ist zu prüfen, ob die Urne auch wirklich leer ist.

Die Auszählung der Stimmen ist öffentlich. Und tatsächlich blieb ein Junge und sah sich das Prozedere an. Er schien ehrlich interessiert. Ob er für eine Schülerzeitung schreiben sollte?

Während die Schriftführer anhand der Listen die Wählerzahl feststellen, sortieren alle anderen die Stimmzettel nach Farben. Drei Haufen Zettel. Dann beginnt das große Zählen. Auch hier ist die Reihenfolge vorgeschrieben: Zweitstimmen, Erststimmen und dann die BVV-Wahl. Anschließend wird über die nicht eindeutigen Stimmzettel gesondert beraten. Da liegt ein ganzes Heft mit Musterbeispielen vor, wann wie zu entscheiden ist. Erst wenn alles stimmt, genau protokolliert und telefonisch gemeldet ist, wird eingepackt. Alle Stimmzettel kommen in vorbereitete Umschläge, die Listen, Meldungen und Protokolle in Mappen. Der Wahlleiter bringt alles zum Bezirkswahlamt.
Die Wahlhelfer haben endlich Feierabend. Und beim Abschied hofft man dann auf ein Wiedersehen bei der nächsten Wahl.

Christine Bitterwolf

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