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28.02.2022 / Orte und Plätze

Die Schloßstraße und der Zeitgeist

Von Christine Sugg. Täglich sehe ich von Weitem das Gerippe des Steglitzer Kreisels hoch in den Himmel ragen und frage mich immer wieder, ob es jemals „etwas wird“ mit diesem Gebäude?
Foto: Christine Sugg
Foto: Archiv Heimatverein Steglitz

Seit fast einem Jahr bewegt sich kaum etwas in Richtung schicker Wohnturm mit großen Glasfronten. Ursprünglich sollten die 330 exklusiven Eigentumswohnungen bereits 2022 fertiggestellt sein. Doch es tut sich - wie gesagt - an der Baustelle schon länger recht wenig.  Der aktuelle Besitzer des Kreisels, der wohl verschuldete Immobilienriese Adler Group, plant die Fertigstellung voraussichtlich in zwei Jahren, Anfang 2024.
Das Richtfest soll im 4. Quartal 2022 stattfinden. Gründe für diese Verzögerung gibt es wohl mehrere. Neben der Covid Pandemie sind anscheinend der Eigentümerwechsel und dadurch bedingte Umstrukturierungen die Ursache. Zur Erinnerung: Der Kreisel stand jahrelang leer und fand keinen Käufer. Nach der teuren Asbestsanierung durch den Senat hatte dann ein lokaler Investor, Christian Gröner von der CG Gruppe, das Gebäude unglaublich günstig von der Stadt erworben, um dort einen luxuriösen Wohnturm zu errichten. Dann wurde 2017 die CG Gruppe, eine Tochtergesellschaft der Consus Real Estate, die dann später mit der Adler Group fusionierte. Die Adler Group ist ein börsennotiertes Immobilienunternehmen aus Luxemburg, das auf Immobilienentwicklung, Vermietung und Verwaltung von Immobilien spezialisiert ist. Bei den vom neuen Eigentümer geplanten Umstrukturierungen handelt es sich um Veränderungen im Sockelbereich des Kreisels.

Das alte Sockelgebäude, in dem zum Beispiel der Busbahnhof und das Hotel Steglitz International sind, soll nun doch abgerissen und neugebaut werden, da die Bausubstanz wohl zu marode ist. Der Neubau bietet, hinter einer sechsgeschossigen Fassade aus Naturstein und Glas, Flächen für den Einzelhandel und Arztpraxen. Das ehemalige Parkhaus wird zu Büroflächen umgebaut und die Parkplätze werden zukünftig unterirdisch sein. Der Busbahnhof soll bleiben und es soll auch wieder ein Hotel zum Ensemble gehören.

Sämtliche Wohnungen in dem 30-geschossigen und 120 Meter hohen Wohnturm werden Eigentumswohnungen, dringend gebrauchte günstige Mietwohnungen sucht man hier vergeblich. Ob bereits alle exklusiven Wohnungen verkauft sind ist unklar. Die Luxusappartements werden seit Jahren unter dem Namen Überlin vertrieben. Die Zukunft wird zeigen, ob irgendwann ein schicker Wohnturm die Schloßstraße ziert oder ob sich das Schicksal des Steglitzer Kreisels als Bauruine wiederholt?

Am anderen Ende der Schloßstraße wird seit 2019 ebenfalls umgebaut - das Forum Steglitz. Da sich klassische Shoppingcenter für Investoren wohl nicht mehr rechnen, wird das „Forum“ zu einer sogenannten „Mixed-Used-Immobilie“. Das bedeutet, dass sich die Nutzung des Gebäudes auf mehrere Bereiche verteilt, nämlich auf Einzelhandel, Freizeit und Büros. So stehen im 3. und 4.OG circa 11.200qm als Bürofläche zur Verfügung, die jeweils auf den konkreten Bedarf des Mieters zugeschnitten werden können. Im Innenbereich soll das Gebäude hell und offen wirken, bei der Außenfassade werden größere Glasflächen für mehr Licht sorgen. Wann der Umbau fertig sein wird ist unklar, aber es kann nicht mehr lange dauern, denn die ersten Läden wie z.B. die Parfümerie Habeck sind schon eingezogen und man kann die Neuerungen sehen.

Viele der Mieter, die schon vorher präsent waren, ziehen auch ins neue Forum Steglitz, so wie das Schreibwarengeschäft, das Küchengeschäft Culinaris, Lidl, Rossman oder die Apotheke und als positiver Neuzugang das Bauhaus. Auch die Vermietung der Büroflächen ist bereits angelaufen, denn eine Softwarefirma ist bereits von Mitte nach Steglitz gezogen und hat 1200 qm gemietet. Ein Großmieter mit 5.600 qm Bürofläche wird HiSolutions, ein Beratungshaus für Security und IT Management.

Im 1. Stock zieht im gesamten Stockwerk ein Edeka ein. Unter dem Namen Edeka Center No. 1 verbirgt sich ein modernes Konzept für einen Supermarkt auf 4.600 qm! Zum Vergleich, die Markthalle der Galeria Kaufhof (ehemals Karstadt) hat ca. 2.000 qm Verkausfläche, der Ulrich Supermarkt in der Schloßstr. ebenfalls. Neben Waren des täglichen Bedarfs, werden kulinarische Spezialitäten und Feinkost angeboten. Eine Vielzahl von Frischetheken und verschiedene Gastronomiebereichen ergänzen das Angebot.  Mal sehen, ob sich das alles rechnet, denn im Boulevard Berlin kämpft die Etage mit dem Gastronomieangebot ums Überleben und  Supermärkte gibt es in der Schloßstraße gefühlt an jeder Ecke. Seit einiger Zeit sind die Shopping Center allgemein nicht mehr so gut besucht, sei es wegen Corona und dem starken Wachsen des Onlinehandels oder wegen den immer gleichen Shops, getreu dem Motto „kennst du ein Shopping Center, dann kennst du alle“, dadurch fehlt ein Kaufreiz.

Das Forum war bereits bei seiner Eröffnung im April 1970 eine Mixed-Use-Immobilie, denn es gab damals neben den Shops, Gastronomie und Freizeitmöglichkeiten wie z.B. eine Kegel & Bowlingbahn. Außerdem gab es ein Parkhaus und im EG war der Bornmarkt angesiedelt, ein beliebter Wochenmarkt … So geht es eigentlich wieder zu den Ursprüngen zurück.
Ist letztendlich die Mixed-Use-Form die Rettung für das Forum Steglitz und die anderen Center?