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25.06.2013 / Orte und Plätze

Das Verschwinden einer Straße

Berlin war eine Stadt voller Brachen und Biotope, die etwas über das Leben dieser Stadt erzählten. Immer stärker verliert Berlin gerade in den Innenstadtbezirken diesen Teil seiner Identität.
Die Gewerbehöfe sind verschwunden Foto: Thomas Protz

Dass mancherorts versucht wird, das Wilde und Ungeschminkte durch die Inszenierung des Berliner „shabby chic „ in Cafés und Clubs (Wände ohne Putz, Sperrmüllmöbel etc.) zu konservieren, ist fast schon rührend. Aber auch künstlich und berechnend. Immer wieder regt sich Protest, wenn Brachen und Biotope in der Innenstadt sofort verplant und bebaut werden sollen. Vielen ist eben bewusst: was weg ist, wird für immer weg sein.

Biotope wie das Schöneberger Südgelände blieben nur dank Protest und Initiative engagierter Menschen erhalten. Am Gleisdreieckpark wird sichtbar, wie ein Kompromiss aussehen kann. Politisch wird sehr schnell – man denke an das Tempelhofer Feld – die „Berlin braucht Wohnungen“-Karte ausgespielt. Berlin braucht Wohnungen und vieles mehr und verzichtet im Gegenzug auf Vieles.

Eine Stadt, in der gerade ein Schloss wieder aufgebaut wird, auf das viele verzichten könnten, übersieht, würde sie nicht von Anwohnerinnen und Anwohnern darauf hingewiesen, manchen geschichtsträchtigen Ort, der nicht prunkvoll daher kommt. Wer heute die Torgauer Straße entlang geht, ahnt nichts mehr vom früheren Gesicht dieser Straße, die dort vergessen im Dornröschenschlaf lag. Eine Schönheit war sie nie. Sie läuft parallel zur S-Bahn, und die Straßen, die die Rote Insel bis zum Südkreuz durchziehen, münden in ihr. Jetzt befinden sich dort eine Freifläche und eine Baustelle.  Es riecht nach Beton und Erde. Die ehemalige Kohlenhandlung von Julius und Annedore Leber („Bruno Meyer Nachf.“) ist hinter einem Bretterzaun, an dem Infomaterial hängt. Ihr Abriss wurde gestoppt, weil sich engagierte Anwohnerinnen und Anwohner für den Erhalt eingesetzt hatten. Der Abriss der anderen Gebäude dauerte knapp ein halbes Jahr. Die Berliner Fotografin Ulrike Erhard hat das Verschwinden dokumentiert. Ihre Fotos halten den Abriss fest und geben noch einen Eindruck vom alten Zustand der Straße. In ihrem Text zur Ausstellung verleiht sie ihrem Bedauern Ausdruck, dass diese Symbiose zwischen Mensch und Natur nicht erhalten wurde.

16 Fotografien von Ulrike Erhard sind bis 30. Juni in der Gartenwirtschaft Süden im S-Bahnhof Priesterweg zu sehen. Ab 5. August werden dann 44 Fotografien in der Theodor-Heuss-Bibliothek in Schöneberg ausgestellt.

Isolde Peter

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