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30.04.2020 / Projekte und Initiativen

Das Bezirksamt in Rüstung

Von Ottmar Fischer Das Bezirksamt hat neben seinen Aufgaben zur Sicherstellung der öffentlichen Infrastruktur auch eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Bediensteten.
Ausschnitt aus der Internetseite des Bezirks Tempelhof-Schöneberg

Es steht also in diesen schweren Corona-Zeiten von zwei Seiten her unter Druck. Und es ist auch in beide Richtungen tätig geworden. Alle Ämter haben Einschränkungen ihrer Erreichbarkeit eingeführt. Dienststellen mit Kundenkontakt haben weitestgehend auf telefonische und E-Mail-Beratung umgestellt, oder wie im Falle der Bürgerämter ganz geschlossen. Die der unmittelbaren Gefahrenabwehr dienenden Bereiche arbeiten in einer Notbesetzung, ebenso wie die zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur unerlässlichen Bereiche. Gleichzeitig sieht sich gerade das Gesundheitsamt erhöhten Anforderungen ausgesetzt. Es ist sogar notwendig geworden, die personellen Ressourcen in diesem Bereich aufzustocken.

Gesundheitsstadtrat Schworck (SPD) gab dazu Auskunft in der Beantwortung einer Mündlichen Anfrage von Sebastian Richter (AfD), der hauptberuflich als Notfallarzt tätig ist und daher gern sein kritisches Auge auf die Arbeit des Gesundheitssektors richtet. In der Antwort hieß es:

„Am 19.3.2020 hat das Bezirksamt in einer außerordentlichen Sitzung eine Pandemie-Notdienst-Regelung beschlossen, um die Mitarbeitenden wirkungsvoll vor einer Ansteckung zu schützen. Danach wurde der Dienstbetrieb ab Montag, dem 23.3.2020 auf das zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens, insbesondere im Bereich der Gesundheit, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Versorgung, sowie der Gewährung sozialer Leistungen auf das für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur der Bezirksverwaltung unerlässliche Maß beschränkt. Die Anwesenheitsquote des Personals wurde auf maximal 20 Prozent beschränkt.“

Um die Arbeit des Gesundheitsamtes zu unterstützen, wurden daraufhin von einem Krisenstab 50 Personen aus anderen Bereichen benannt und geschult. Und darüber hinaus wurden auch Mitarbeitende aus dem Gesundheitsamt selbst umgesetzt, um die Arbeit zur Corona-Eindämmung zu verstärken. Der besonders personalaufwändige Teil der Arbeit besteht dabei in der Erfassung der Infektionskette und des Krankheitsverlaufs bei den Betroffenen. Bekanntlich ordnet das Gesundheitsamt  in begründeten Verdachtsfällen eine häusliche Quarantäne an und muss dann auch die Einhaltung überprüfen. Und erst wenn die Gesundheit aller in dem betreffenden Haushalt lebenden Personen festgestellt ist, wird die Quarantäne in schriftlicher Form wieder aufgehoben. Zur Bewältigung dieser Aufgaben sind neben weiteren Mitarbeitern für die telefonischen Nachfragen auch zusätzliche Fahrer und Fahrzeuge nötig. Da trifft es sich gut, dass Stadtrat Schworck auch mit Verstärkung aus dem  Vermessungsamt rechnen kann, sowie aus den Ämtern für Jugend, Umwelt, Naturschutz und Grünflächen, Auch deren Ressourcen stehen ihm für eine koordinierte Einsatzplanung zur Verfügung, so dass selbst eine Zuspitzung der Lage zu bewältigen wäre.

Nach gegenwärtigem Sachstand ist aber eher eine Beruhigung der Lage zu erwarten. So hat die Bundeskanzlerin in ihrer Pressekonferenz vom 15.4. zur Vorstellung der mit den Ministerpräsidenten erarbeiteten Rahmenvorschläge für erste Lockerungen der Auflagen zur Corona-Eindämmung darauf hingewiesen, dass erfreulicherweise der sogenannte Reproduktionsfaktor auf unter 1 gesunken ist. Das bedeutet, dass inzwischen eine erkrankte Person nicht mehr wie anfangs 3 weitere Personen infiziert, sondern im statistischen Mittel weniger als eine, wodurch auch die Gesamtzahl der Fälle nunmehr sinkt. Das hat auch bereits zu einer Abnahme in der Auslastung der Krankenhausbetten und der Plätze für die intensivmedizinische Betreuung geführt. Gleichwohl ist die Kanzlerin bei allem Respekt für die disziplinierte Bevölkerung und für die Einsatzbereitschaft des medizinischen und pflegerischen Personals bei der Lagebeurteilung zurückhaltend geblieben. Sie mochte nur von einem „zerbrechlichen Zwischenerfolg“ sprechen. Weitere Anstrengungen seien nötig, weswegen der Weg zur Normalisierung nur in kleinen Schritten erfolgen könne.

Es wird grün

Immerhin ist der Anfang nun gemacht. Zwar bleiben auch weiterhin alle Großveranstaltungen untersagt, das kulturelle Leben ruht und die Kneipen bleiben geschlossen. Doch der Einzelhandel bis zu einer Verkaufsfläche von 800 qm öffnet wieder, Fahrräder und Autos können wieder stationär besichtigt und erworben werden, und somit werden sich auch die Straßen und Plätze wieder mit Leben füllen. Alles steht jedoch auch weiterhin unter dem Gebot des Abstands und der Hygiene. Auch der nunmehr erlaubte Besuch der Schulen wenigstens für die Abgangsklassen und die erweiterte Kita-Betreuung für die nun zusätzlich wieder Beschäftigten steht unter diesem Vorbehalt. Und auch der Friseurbesuch. So wird überall zunächst nachgedacht werden müssen, bevor es losgehen kann. Für die Schulen stellt sich etwa die Frage, ob die Klassen wegen des Abstandsgebots aufgeteilt werden müssen, ob die Unterrichtszeiten und die Pausenzeiten aufgeteilt werden müssen, und ob überhaupt Sportunterricht möglich ist.

Auch das Bezirksamt steht vor der Frage, wie der Weg in die Normalität gelingen kann, ohne die Gesundheit der Bevölkerung und der Bediensteten zu gefährden. Auf Nachfrage der Stadtteilzeitung teilte Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) mit, dass gegenwärtig intensive Gespräche sowohl innerhalb des Bezirksamts als auch mit dem Land geführt würden. Da auch die Bibliotheken zur Wiederöffnung vorgeschlagen seien, stellten sich hier ganz konkrete Durchführungsfragen. Und das gelte für alle anderen Bereiche ebenso. Sie wolle aber den Entscheidungen auf Landesebene nicht vorgreifen, weil ein koordiniertes Vorgehen aller Bezirke unabdingbar sei. Wenn etwa eines Tages auch die Wiederöffnung der Bürgerämter anstehe, müsste dies bezirksübergreifend geschehen, denn für die Bürger sei ja inzwischen die Terminvereinbarung bei allen Berliner Bürgerämtern möglich.

Da bleibt nur zu hoffen, dass der Senat von Berlin etwas schneller wird bei seinen Entscheidungen, indem er die Eventualitäten der nächsten Schritte schon abgewogen in der Schublade hat, bevor die nächsten Lockerungen auf Bundesebene beschlossen werden. Denn hätte der Senat in der Frage der Wiedereröffnung des Einzelhandels schon vor dem entsprechenden Beschluss des Bundes über die Modalitäten der Durchführung nachgedacht, hätten die Geschäfte gleich am Montag nach Freigabe öffnen können und hätten nicht mit zwei weiteren Tagen Umsatzverlust auf die Verordnung warten müssen.