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Freizeit und Kultur im Nachbarschaftsheim

05.05.2013 / Projekte und Initiativen

Clemens Meyer liest im Literaturhotel

Vor drei Jahren, in den Ferien in Schweden, lag ich am Strand und las "Als wir träumten" von Clemens Meyer.
Clemens Meyer. Foto: Gaby Gerster

Die Sonne schien, ich begann zu lesen und konnte nicht aufhören. Es fing an zu regnen, und ich las weiter. Es stürmte, die Wellen schlugen bis zu mir heran, der Wind riss mir das Buch aus der Hand, zerfetzte die Seiten. Es wurde eisig, und nass, und es wurde dunkel, aber ich las immer weiter.
Das Meer neben mir war stark.
Aber genau so stark war der Roman von Clemens Meyer. Er besaß eine solche Kraft, dass er mich überwältigte und nicht los ließ wie kaum ein anderes Stück Prosa in meinem Leben. Erzählt wurde von einer Gruppe von Jugendlichen in Leipzig-Ost. Die einmal Jungpioniere waren und als Gruppenratsvorsitzende Altstoffe sammelten und Fahnen hissten und bei Manövern die Angriffe des Klassenfeinds abwehrten. Damals, als es mit der DDR langsam aber sicher zu Ende ging. Und die dann, nach der großen Wende, in stillgelegten Fabriken herumhingen, Autos knackten, Banken überfielen, mit Bordellen, Jugendgefängnissen, Drogen Kontakt aufnahmen. Es war alles ein Traum, und knallharte Realität.
Ich hörte die Gespräche zwischen den Insassen der Jugendarrestanstalt Zeithain, tauchte in ihre Träume, Erinnerungen ein, verfolgte die Tauschgeschäfte, Karten- und Glücksspiele. Spürte, wie Tattoo-Thilo seinen Klienten Eidechsen, Schlangen und Spinnen in die Haut hackte, Ketten, durch die Rosen wuchsen. Durchlebte alle die traurigen, herzerweichenden, Welten versetzenden Geschichten voller Freundschaft und Liebe.

Der Mond schien, die Sterne. Die für ihre Geschwindigkeit berühmten Wolken von Schonen, Möwen flogen über den Himmel, und ich lag östlich von Ystad im Sand und las die 517 Seiten zu Ende. Das letzte Wort hieß glücklich. Und drückte den Zustand aus, in dem mich das Werk zurück ließ.
Ich stand auf, wagte die ersten Schritte und träumte davon, Clemens Meyer ins Literaturhotel in Friedenau einzuladen. Und schaffte es drei Jahre lang nicht.
Aber jetzt: Er kommt!

Am 17. Mai, um 20 Uhr, wird er im Uwe-Johnson-Salon des Literaturhotels in der Fregestraße 68 lesen. Und niemand sollte es verpassen!

Weitere Bücher von Clemens Meyer: Die Nacht, die Lichter. Stories | Gewalten. Ein Tagebuch. Im Herbst erscheint sein neuer Roman: Im Stein. Auch daraus wird Clemens Meyer lesen!

Christa Moog

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