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Freizeit und Kultur im Nachbarschaftsheim

05.05.2011 / Gewerbe im Kiez

Bretter, die die Welt bedeuten

Das kleinste Theater Berlins befindet sich in einem Altberliner Wohnhaus in einem ehemaligen Ladengeschäft nahe dem Walther-Schreiber-Platz.
Günter Rüdiger auf der Bühne des Zimmertheaters. Foto: Hartmut Becker

Den Eingang kennzeichnet ein Schild über der Tür mit dem typischen roten Theatervorhang vor einem dunkelblauen Hintergrund. Der Theatersaal selbst ist zu klein für einen großen Bühnenvorhang, also sind die Wände rot und das ehemalige Schaufenster ist mit mitternachtsblauem Samt verhängt. Die überall flackernden Kerzen tauchen den Raum in ein warmes Licht. Und die kleinen dunkelblau gedeckten Tischchen geben dem Zuschauer die Möglichkeit, ein Getränk und Salzstangen mit in die Vorstellung zu nehmen. Der Zuschauerraum um-fasst nur etwa dreißig Plätze, so kommen die Zuschauer schnell ins Gespräch. Da ist die alte Dame, die das Theater gerne aufsucht, weil sie im Kiez wohnt und abends nicht weit laufen will. Und da ist der Herr, der Herrn Rüdiger schon aus anderen Vorstellungen kennt. Und da sind die Touristen, die im Gegensatz zu den großen renommierten Bühnen, das kleinste Theater in Berlin sehen wollen.

Günter Rüdiger ist der künstlerische Leiter dieser kleinen Bühne. Er hatte das Phönix Theater in Brieselang betrieben, bevor er die Chance nutzte, die Räume des ehemaligen Märchenbrunnens zu übernehmen. Dieses kleine Zimmertheater wird völlig privat geführt und erhält keinerlei öffentliche Zuschüsse.
Herr Rüdiger selbst ist Schauspieler und Sänger und steht seit dreißig Jahren auf der Bühne. Er hat eine angenehme und volle Stimme, die auch weitaus größere Bühnen füllen kann. So ist er u. a. schon im Friedrichstadtpalast aufgetreten. Zur Zeit steht Günter Rüdiger neben den Inszenierungen in seinem Theater auch auf anderen Bühnen wie dem Berliner Brettl und dem Berliner Klimperkasten. Am 1. Mai hat er Premiere mit dem Stück „Ladies night“ auf dem Berliner Theaterschiff. Ein Stück, das im vorigen Jahr auch erfolgreich am Kurfürstendamm lief. Dieses vielfältige Engagement bedarf natürlich einer genauen Terminplanung und doch kann es vorkommen, dass er sonntags mal eben drei Auftritte hintereinander hat.

Im April hatte seine Hommage an Walter und Willi Kollo Premiere, vor ausverkauftem Haus. Zu dieser musikalischen Show kam auch Marguerite Kollo, die Tochter von Willi Kollo, die Ehrenmitglied des Berliner Zimmertheaters ist. Günter Rüdiger sang ein breites Programm aus dem Schaffen der Berliner Komponisten, sowohl schwungvoll und mitreißend (Immer an der Wand lang), dass es dem Publikum in den Füßen zuckte, als auch weich und melancholisch (das war sein Milljöh). Er weiß sein Publikum zu nehmen. Dazwischen brachte er kurze Informationen aus dem Leben und Schaffen der Kollos. Einige Lieder, die Claire Waldorff gesungen hatte, wurden hier von Tanja Arenberg sehr witzig interpretiert. Musikalisch begleitet wurde die Inszenierung von Lothar A. Runze, einem Pianisten mit schneeweißem, langem Haar und mächtigen Augenbrauen, der in die Tasten des Keyboards auf der kleinen Bühne griff, als hätte er einen großen Steinway-Flügel vor sich. Diese Vorstellung wird ab Mitte Mai auf dem Theaterschiff im Historischen Hafen in Berlin Mitte und ab Oktober wieder im eigenen Haus angeboten.

Das Zimmertheater Steglitz öffnet seine „Tore“ immer freitags bis sonntags, am Sonntag sogar zweimal, weil es um 16.00 Uhr eine Kindervorstellung gibt, oft mit Zauberei und Puppenspiel.

Der Programm-Schwerpunkt des Hauses liegt bei der Kleinkunst: Kabarett, Literatur und Chanson. Die Bühne steht auch anderen Künstlern mit ihren Programmen offen. Es gibt u.a. aktuelles politisches Kabarett, es gibt ETA Hoffman und Tucholsky und es gibt szenisch dargestellte klassische Gespenstergeschichten „Das Gruseln kommt um Mitternacht“. Der Blick auf das Programm-Angebot des Zimmertheaters Steglitz ist unbedingt lohnenswert.

Christine Bitterwolf


Zimmertheater Steglitz
Bornstrasse 17, 12163 Berlin
Tel 030 / 25 05 80 78

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