Zur Orientierung für Menschen mit Behinderungen

06.02.2022 / Gewerbe im Kiez

Bayer, Keusen, Tischewski, Zoller

Von Eva Schenk. Papier, Karton, Holz lautet der Titel der Ausstellung, die vom 9. Februar bis zum 4. März 2022 in diekleinegalerie Friedenau gezeigt wird.
Ingrid Bayer, o.T., Ahorn, 2017, 27x19x5 cm

Drei Künstlerinnen und ein Künstler zeigen ihre fröhlichen Arbeiten. Warum greifen die Künstler/innen zu Pappe und Holz, rollen oder ölen, zerknüllen oder nähen sie Papier? Ich glaube, sie haben ein spielerisches Bedürfnis, eine Experimentierlust, mit verschiedenen Materialien zu arbeiten und so zu neuen Formen zu gelangen.

Von Ingrid Bayer sind filigrane kleinformatige Holzarbeiten aus Buche, Ahorn und Kiefer zu sehen. Eine Arbeit aus dem Jahr 2015 besteht aus sechs Elementen, die auf einem Sockel arrangiert sind. Die Arbeit Balance wirkt wie ein ausgefallenes Miniatur-Architekturmodell, wobei die ausladende „Terrasse“ das Ganze an die Grenze der Standsicherheit bringt.
Einige der Exponate sind aus einem einzigen Holzstück gearbeitet, andere sind aus einzelnen Teilen zusammengefügt und geleimt oder in Metall eingefasst. Das Material ist äußert sorgfältig bearbeitet, unter anderem mit einer Tischkreissäge. Die Künstlerin möchte die Materialeigenart, die natürliche Belastbarkeit des Holzes erspüren und respektieren, die durch die Eigenschaften der verschiedenen Hölzer und durch das eingesetzte Werkzeug gegeben sind. Manche Elemente sind fast papierdünn. Von allen Arbeiten geht eine fast meditative Wirkung aus.
Ingrid Bayer war Meisterschülerin bei Herbert Kaufmann an der HdK in Berlin.

Über die Räume verteilt finden sich eigentümliche Gebilde aus zu Röhren gerolltem Papier von Ellen Keusen. Durch in den Röhren verlaufende Schnüre sind sie zu dreidimensionalen, netzartigen Strukturen verknüpft.
Die unterschiedlich langen und etwa bleistift- bis daumendicken Papierröhrchen sind zu einer flexiblen Konstruktion verbunden, in der sie mal ein engeres, mal ein weiteres Geflecht bilden, das in verschiedene Formen gebracht werden kann, je nachdem, in welcher Position es aufgehängt wird. Ein Windzug oder eine Berührung – und es setzt sich bei freier Hängung in Bewegung.
Die entstandenen Verknüpfungen stellen sich aus jeder Betrachtungsperspektive anders dar. Durch Aufhängen an einer anderen Stelle der Arbeit kann das Geflecht eine andere Form erhalten. Der Galerist Norbert Hümbs meint zu ihrer Arbeit:
„So wie aus jeder Position und jedem Blickwinkel das Geflecht anders aussieht, so unterschiedlich lassen sich auch die menschlichen Beziehungen betrachten. Die menschlichen Beziehungen sind nicht statisch, sondern verändern sich und weisen je nachdem, von wo man auf sie blickt, eine andere Struktur auf.“
Ellen Keusen hat an der Werkkunstschule in Düsseldorf und an der HdK in Berlin studiert.  

Von Susanne Tischewski sind Arbeiten aus und mit Papier in seinen verschiedenen Formen zu sehen: Packpapier, Seidenpapier, geöltes oder gewachstes Papier, Achatpapier, aber auch wiederverwertbares Alltagspapier und Collagen, die Wellpappe enthalten. Verschiedene Papiere sind übereinandergelegt, einige sind zerrissen und wieder vernäht, die Ränder sind teilweise unscharf, abgerissen. In manchen Arbeiten sind kleine Papierrollen, Bindfäden oder Garn zu sehen, die über das Blatt hinausreichen können. Dadurch bekommen viele ihrer Arbeiten einen ins Dreidimensionale, ins Reliefhafte gehenden Charakter. Durch die verwendeten Seidenpapiere wirken ihre Arbeiten oft schwebend, fast durchsichtig, gehaucht. Organische Formen und einbezogene Blätter vermitteln einen poetischen, naturhaften, erdigen Eindruck, was durch die zurückhaltende Farbgebung verstärkt wird.
In einer 2021 entstandenen Arbeit hat sie in Form einer Collage das Fadenspiel, ein uraltes Geschicklichkeitsspiel aufgenommen. Dabei lassen sich mit Hilfe einer über die Finger beider Hände geführten Schnur durch Verschlingungen verschiedene Figuren erschaffen. Das spielerische und ausprobierende Vorgehen bestimmt Susanne Tischewskis Arbeiten.
Susanne Tischewski hat in Leipzig an der Hochschule für Graphik und Buchkunst u.a. bei Hans Meyer-Foreyt und Werner Tübke studiert.

Von Manfred Zoller sind zwei verschiedene Werkgruppen zu sehen. Im vorderen Raum finden sich vier kleinformatige Collagen, die aus verschiedenfarbigen Papierstücken zusammengesetzt sind und als konstruktive, geometrisch anmutende expressive Farbflächen oder Farbschatten erscheinen. Eine Arbeit hat den Titel „Stadtbild“ und lenkt damit die Assoziationen auf das Stadt- und Landschaftsthema, das in vielen seiner Arbeiten eine Rolle spielt. Dabei löst er das figurativ Gegenständliche in Abstraktion und Gestaltung von Farbflächen bei erhaltener Struktur auf. Die Arbeit „Stillleben“ enthält einen kleinen bedruckten Papierschnipsel, auf dem die – vielleicht programmatisch zu verstehenden – Worte „pulse verleihen“ zu lesen sind.
Das Thema Stadtbild wird auch in den aus Karton gefertigten Objekten aufgegriffen. Die drei kastenförmigen Objekte sind – bis auf die Rückwand –von allen Seiten bemalt und zeichnen sich durch eine ausgewogene Verteilung von Farbflächen aus. Ein Objekt enthält eine Teigware, die Fett an die Umgebung abgibt.
Die Vielseitigkeit Manfred Zollers hat ihren Niederschlag in seinen Tätigkeiten als Anatom und Hochschullehrer und durchgehend in seiner künstlerischen Arbeit gefunden.
Die Beschäftigung mit dem Körper und mit seiner Funktionsweise, sowohl den Körpern von Tieren wie von Menschen, haben ihn zur Konstruktion anatomisch-funktioneller Objekte für den Studentenunterricht veranlasst und ihn gleichzeitig zu skulpturalen Arbeiten angeregt.
In diesem Jahr wurde Manfred Zoller mit dem Brandenburgischen Kunstpreis in der Kategorie Malerei geehrt.

Eine spannende Ausstellung für Freunde des Experiments und der Spielerei in der Kunst.

diekleinegalerie,
Goßlerstr. 21,
12161 Berlin-Friedenau,
Mittwoch und Freitag 15 bis 18 Uhr,
Samstag 11 bis 14 Uhr
und nach Vereinbarung unter 0171 171 8221, info@diekleinegalerie-berlin.de

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