Abhilfe durch Taten

Da in der Ukraine auch Schulen als Teil der sozialen Infrastruktur von den russischen Kriegsverbrechern gezielt angegriffen und zerstört werden, wächst im solidarischen Westen zum bevorstehenden Winter die Sorge vor einem erneuten Anstieg der Flüchtlingszahlen und auch der Zahl schulpflichtiger Kinder. In Berlin werden inzwischen selbst die neugeschaffenen Unterbringungsmöglichkeiten knapp und auch die Aufnahmekapazität der Schulen stößt an ihre Grenzen. Daher wird die Schulwarteliste immer länger, weswegen die Grünen in der November-Sitzung der BVV Tempelhof-Schöneberg vom Bezirksamt wissen wollten, wie das entsprechende Zahlenwerk im eigenen Zuständigkeitsbereich aussieht.
Stadtrat Dollase (parteilos für die CDU) machte dazu bekannt, dass es im Bezirk 71 Willkommensklassen in der Grundstufe und der Sekundarstufe gebe, die u.a. von 352 Kindern aus der Ukraine besucht würden. Vielleicht liegt es daran, dass der hiesige Bezirk schon immer zu den Bezirken mit den meisten Willkommensklassen gehörte, wie Martina Zander-Rade als schulpolitische Sprecherin ihrer Fraktion in ihrem Debattenbeitrag lobend hervorhob, jedenfalls hat die Erfahrung im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik dazu geführt, dass inzwischen auch 27 ukrainische Lehrkräfte zum Einsatz kommen und dass dabei die ganz unterschiedlichen Biographien kein Einstellungshindernis dargestellt haben, sondern offenbar sogar als bereichernd angesehen wurden. Allerdings fiel insofern auch ein Wermutstropfen in die Darstellung des Stadtrats, als er für den Fall eines erwartbaren Notunterkunftlagers auf dem Tempelhofer Feld für eine Beschulung vor Ort gegenwärtig keine Möglichkeit sehen wollte.
Ebenfalls viel Lob von den Grünen gab es durch Bertram von Boxberg für das bezirkliche Ehrenamtsbüro, das mit drei Mitarbeiterinnen neben der Vermittlung von Ehrenamtlichen als Anerkennung der Einsatzleistung auch für die Ausgabe von Ehrenamtskarten Sorge trägt, die infolge der Zusammenarbeit mit 350 Institutionen verschiedene Vergünstigungen wie den verbilligten Eintritt zu Kulturveranstaltungen ermöglichen. Nach dem Willen der Grünen soll nun als Gratifikation die kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs dazukommen, damit der Weg zum Einsatzort für die unentgeltlich geleistete Arbeit nicht auch noch Kosten verursacht. Diese Idee stieß auf die einhellige Zustimmung aller Fraktionen.
Ralf Olschewski (CDU) verwies aber auf die Zuständigkeit des Landes und stellte fest: „Bei einem Nachtragshaushalt von über zwei Milliarden Euro ist es mehr als schäbig, dass der rot-rot-grüne Senat hier nicht tätig geworden ist.“ Und er rechnete vor, dass bei 500 Ehrenamtskarten des hiesigen Bezirks auf das Land hochgerechnet nur rund zehn Millionen Euro fällig werden würden. Marijke Höppner (SPD) wies darauf hin, dass die beantragte Beauftragung des Bezirksamts für eine Initiative beim Land Berlin dem Bezirk gut zu Gesicht stehen würde, denn „viele Bezirke orientieren sich an der vorbildlichen Arbeit des hiesigen Ehrenamtsbüros, das im Bundesland Berlin eine Vorreiterrolle einnimmt.“ Karsten Franck (AfD) fügte den zustimmenden Erklärungen sämtlicher Fraktionen noch hinzu, dass „hoffentlich auch in den anderen Bezirken vergleichbare Initiativen zustande kommen“. Womöglich schaffen die Bezirke ja sogar eine gemeinsame Initiative im Interesse ihrer Ehrenamtsbüros und der Ehrenamtlichen.
Haus in Sicht
Erfreuliche Nachrichten gab es zur Zukunft bezirklicher Jugendsfreizeitstätten. Die Linke hatte in einer Großen Anfrage wissen wollen, wann und wie endlich dafür gesorgt werde, dass die freien Jugendfreizeitträger Potse und Drugstore ihre Arbeit wieder in voll funktionsfähigen Räumen durchführen können. Fraktionschefin Elisabeth Wissel führte in ihrer Begründung dazu aus: „Schon jetzt sind es vier Jahre, seit Potse und Drugstore die vorgesehenen Ersatzräume nicht nutzen können“, also seit dem Verlust ihres ursprünglichen Domizils in der Pallasstraße Ecke Potsdamer. Nun hat das Bezirksamt aufgrund der anhaltenden Klagen über die Unzulänglichkeiten in der Tempelhofer Zollgarage, im Lichtenbergschen Rockhaus und wegen der Umbauverzögerungen im Ausweichquartier Potsdamer Straße 134 eine Gesamtlösung für alle Probleme in Aussicht gestellt. Ein „Haus der Jugend“ soll im neuen Stadtquartier am Bahnhof Südkreuz entstehen.
In ihrer Beantwortung der Großen Anfrage führte Stadträtin Schöttler (SPD) dazu aus: „Seitens des Jugendamtes ist die Überplanung des heute unter Baufeld 9 geführten Vorhabens vor drei Jahren angestoßen worden.“ Aus der ursprünglichen Planung eines kombinierten Gebäudes für Gewerbe und Jugendfreizeit quer zum Sachsendamm auf der Höhe der Autobahnbrücken sei nun die Vorstellung einer Verriegelung zum Sachsendamm hervorgegangen, wo sowohl die Angebote von Potse und Drugstore als auch die Angebote des Jugendamtes ausreichend Platz finden sollen. Da momentan für diese Jugendangebote nur ein Bedarf von rund 600qm veranschlagt wird, das bezirkseigene Baufeld 9 aber 6000qm umfasst, sollen hier zu-gleich auch die Raumnöte anderer Bezirksangebote zur Lösung gebracht werden, wozu die aus allen Nähten platzende Volkshochschule, die Musikschule und der Bezirkssport zu zählen sind.
Die Vielzahl der unterschiedlichen Angebote und der Nutzungen auf den Nachbargrundstücken in der Ella-Barowski-Straße macht es freilich erforderlich, dass mögliche Lärmbelästigungen durch überlaute Musik-Angebote, wie sie im Falle von Potse und Drugstore sogar zur Kündigung in der Pallasstraße geführt hatten, durch bauliche Maßnahmen wie „Raum im Raum“ oder isoliertes Kellergeschoss präventiv angegangen werden. Zu den Tempoforderungen der Linken machte Stadträtin Schöttler jedoch die ernüchternde Aussage, dass realistischerweise für die Verwirklichung des Vorhabens mit einem Zeitrahmen von zehn Jahren zu rechnen sei. Das wiederum kommentierte Marijke Höppner (SPD) in der Debatte mit dem Bemerken: „Wenn wir die Möglichkeit einer Generallösung haben, sollten wir sie nutzen, auch wenn erst die nächste Generation der Jugendlichen ein solches „Haus der Jugend“ nutzen kann.“