Abenteuer Impfzentrum
Am Messegelände steuert sie gezielt den üblichen Eingang zur Halle 21 an und ist erstaunt, als man sie zum Haupteingang am Palais schickt.
„Ich habe aber schon einen Termin.“
„Trotzdem bitte erst zum Haupteingang.“
Neben dem großen Eingang zum Palais am Funkturm ist eine Tür zur Halle 20 geöffnet, daneben eine hohe Fahne und ein großes Schild und 2 junge Leute, die ihr zeigen „Bitte hier herein“.
Drinnen bittet sie ein junger Mann, sich die Hände zu desinfizieren. Allerdings ist der Spender mit dem Desinfektionsmittel gerade leer. Ok, sie darf also weitergehen. Der zweite junge Mann fragt, wie oft sie schon geimpft wurde und schickt sie zu dem nächsten, der wissen will, ob sie ihren Ausweis und Impfnachweis griffbereit hat. Sie bekommt eine Klarsichthülle mit einem rosa Zettel, vielen Dank, und darf am Ende der Halle wieder rausgehen. Jetzt wird sie am Eingang zur Halle 21 problemlos eingelassen.
Eine freundliche Dame erklärt ihr „Gehen Sie immer den rosa Pfeilen nach, erst geradeaus, dann rechts und an der Wand links.“
Schnell fragt die Frau noch „Wozu ist der rosa Zettel in der Folie?“
„Damit weiß jeder, sie sind über 30 und bekommen Moderna geimpft.“ Oha, sieht man ihr das Alter so deutlich an, trotz Maske? Ein blauer Zettel sagt: unter 30 kriegt Bionthech.
Trotz Pfeilen auf dem Boden und klarer Weisung, wo der Weg lang geht, stehen an jeder Ecke ein paar junge Leute in gelben oder blauen Westen und weisen sie ein: hier lang bitte, da entlang, gehen Sie zu der Kollegin ein paar Schritte weiter.
Endlich kommt sie zu einer Glaswand, hinter der ein Bundeswehrsoldat im Tarnanzug sitzt. Der will jetzt alle bisherigen Unterlagen und den Ausweis sehen. Sie bekommt einen Anamnesebogen und eine Einwilligungserklärung, die gleichen Vordrucke wie bei den letzten Impfungen, aber sie müssen nun zum 3. Mal ausgefüllt werden. Er gibt alle Daten in den PC ein und prüft …, tatsächlich ist alles noch richtig. Niemand fragt nach ihrer Terminbestätigung.
Noch drei freundliche Helfer weiter sitzt sie schon in der Impfkabine. Ein junger Mann nimmt ihr jetzt alle Zettel ab, ordnet sie, kopiert sie in sein Tablet, … und dann passiert erstmal nichts. Er zieht den Vorhang zum Laufgang der Ärzte halb zu, das heißt, hier sitzt ein Impfwilliger, der Arzt kann kommen. Einige Ärzte ziehen neue steril verpackte Impfkittel an, andere ziehen sie aus und schmeißen sie in den Müll. Ist das umweltfreundlich? Die Frau fragt ihren jungen Mann, ob die Ärzte sich für jede Impfung umziehen? Nein, nur jetzt, weil gerade Schichtwechsel ist. Sie freut sich nun auf einen ausgeschlafenen dynamischen Doktor. Aber keiner kommt. Vielleicht fehlt noch der Impfstoff. Wieso ist Moderna jetzt auch knapp? Nein, aber er muss aus dem Kühlraum angeliefert werden, in verschiedenen Dosierungen für die Erst-, Zweit- und Drittimpfungen, und die Kinder bekommen noch weniger.
Die Frau unterhält sich noch ein wenig mit ihrem jungen Helfer. Er ist Student. Medizin? Nein Architektur. Er ist fast täglich hier, er studiert überwiegend online, deshalb kann er sich die Schichten gut einteilen. Die vielen jungen Leute in der Halle sind alle vom Malteserhilfsdienst. Die bunten Jacken haben organisatorische Bedeutungen, Eingangskontrolle, Wegweiser, Begleitung von Hilfsbedürftigen, Assistenz in der Kabine oder übergeordnete Funktion. Wie interessant.
Da kommt endlich der Wagen mit den Ampullen. Leise stellt ein junges Mädchen die Schale mit der Spritze auf den kleinen Tisch. Eine Ärztin kommt, nennt kurz ihren Namen, guckt auf die ausgebreiteten Unterlagen und schon ist die Nadel im Arm. Tupfer, Pflaster, Stempel und Unterschrift, Alles Gute und Auf Wiedersehen. Das ging jetzt alles ganz schnell.
Zurück wird die Frau wieder um einige Ecken geleitete, und dann kommt die Frage „Möchten Sie gleich einen digitalen Impfnachweis?“ Natürlich möchte sie, das Impfbuch reicht ja nicht mehr überall. Alle anderen Impflinge möchten das offenbar auch. Die Warteschlange steht schon an drei Seiten der Halle entlang. Nach knapp einer halben Stunde hat sie ihr Ziel erreicht. Sie darf an einen der Tische gehen, hinter denen digitalisiert wird. Hier trifft sie auf einen Jüngling, der aussieht, als ob er noch zur Schule geht. Er nimmt das Impfbuch, braucht den Ausweis, tippt vorsichtig etwas mit den dünnen Fingerchen ein, sieht sie ratlos an, aber dann ruckelt der Drucker und das ersehnte Blatt rollt heraus.
Hurra, es ist geschafft, sie ist geboostert und fühlt sich sicher vor dem Coronavirus.